Syrien: "Würden zum Widerstand gegen Türkei aufrufen"

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Der außenpolitische Repräsentant der der syrisch-kurdischen „Partei der Demokratischen Union“ (PYD) lehnt im Interview mit der "Presse" eine türkische Militäraktion in Syrien ab.

Wien. Der Kampf zwischen den Rebellen und dem Regime in Syrien wird immer brutaler. Bei Attentaten in einem von Christen und Drusen bewohnten Bezirk der Hauptstadt Damaskus starben mehr als 30 Menschen. Die Minderheiten stehen zum Teil loyal zu Machthaber Bashar al-Assad. In der von Kurden bewohnten Region in Nordsyrien haben Kämpfer der kurdischen Partei PYD die Macht übernommen. Ihr außenpolitischer Repräsentant Hassan Mohammed Ali sprach mit der „Presse“.

Die Presse: Wie sieht die Lage in den kurdischen Gebieten Syriens aus?

Hassan Mohammed Ali: In der kurdischen Region haben die Menschen eine demokratische Selbstverwaltung auf die Beine gestellt. Wir haben dort Volksräte gebildet. Unser wichtigstes Anliegen ist, Krieg aus der kurdischen Region fernzuhalten.

Die Türkei und kleine kurdische Fraktionen in Syrien werfen Ihrer Partei PYD vor, mit Assad zu kooperieren. Das Regime soll die Kontrolle gezielt an die PYD übergeben haben.

Diese Vorwürfe sind haltlos. Assads Truppen sind nicht nur kampflos aus Kurdistan abgezogen. Wir hatten den Regimetruppen ein Ultimatum zum Abzug aus der Kurdenregion gestellt. Und nicht alle wollten sich daran halten. Als 2011 der Aufstand gegen Assad begann, waren bereits 1550 kurdische Politiker in Haft.

Aber die kurdischen PYD-Kämpfer wollen nicht gemeinsam mit den Anti-Assad-Rebellen der „Freien Syrischen Armee“ marschieren.

Wir sind nicht gegen die „Freie Syrische Armee“. Das Problem ist, dass in ihren Reihen viele unterschiedliche Gruppen aktiv sind, und einige davon sind nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Zuletzt sind Gruppen über die Türkei in die kurdischen Gebiete einmarschiert: Salafisten, die die Türkei eingeschleust hat.

In der Türkei wird über eine Militäraktion im syrischen Grenzgebiet diskutiert. Wie würde die PYD reagieren?

Dass das geschieht, ist derzeit unwahrscheinlich, da der Westen von einer solchen Operation nicht überzeugt ist. Die PYD würde jedenfalls zum Widerstand gegen einen türkischen Einmarsch aufrufen. Die kurdische Bevölkerung würde sich wehren.

Die syrische Opposition hat eine neue Plattform mit Sitz in Kairo gegründet. Wie steht die PYD dazu?

Die Plattform wurde gegründet, um die Oppositionsbewegung breiter zu machen. Die Forderungen der Kurden werden dabei aber nach wie vor nicht akzeptiert. Die PYD wurde nicht eingeladen, deshalb hat diese Plattform für uns keine Bedeutung. Wir würden uns aber mit allen oppositionellen Kräften zusammensetzen, um eine Gesamtlösung für Syrien zu finden, bei der auch die Rechte der Kurden beachtet werden.

Was meinen Sie mit den Rechten der Kurden: So etwas wie die kurdische Autonomie im Irak?

Wir wollen in ganz Syrien lokale demokratische Selbstverwaltungen, die aber nicht auf ethnischer Zugehörigkeit basieren. Wir wollen keine neuen nationalstaatlichen Grenzen. Es würde nur zur Verschärfung des Konfliktes führen, wenn die Kurden einen Nationalstaat beanspruchten.

Ihre Partei gilt als Ableger der türkisch-kurdischen Untergrundgruppe PKK.

PKK und PYD sind zwei verschiedene Parteien ohne gemeinsame Strukturen. Was uns verbindet ist, dass wir beide die Gesellschaftsphilosophie von Abdullah Öcalan als unsere Philosophie sehen. Das Gebiet der PYD liegt in Syrien, das der PKK in der Türkei.

Zur Person

Hassan Mohammed Ali ist außenpolitischer Repräsentant der syrisch-kurdischen „Partei der Demokratischen Union“ (PYD). Sie steht der PKK nahe. [Stanislav Jenis]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2012)

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