Flughafen Berlin: Bruchlandung für Wowereit

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Zum fünften Mal verschiebt sich die Eröffnung des Großprojekts. Für den Berliner Bürgermeister wird es eng, er gibt den Aufsichtsratsvorsitz ab. Die Grünen im Berliner Rathaus fordern Wowereits Rücktritt.

Berlin. Problembären können Menschen zum Verhängnis werden. Aber auch der „Problem-BER“, wie der geplante Berliner Großflughafen aufgrund seines Kürzels, der nun schon fünfmal verschobenen Eröffnung und der explodierenden Kosten scherzhaft genannt wird, könnte bald prominente Opfer fordern: den Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit und Brandenburgs Ministerpräsidenten Matthias Platzeck.

Sie sitzen als Vertreter der größten Eigentümer, Stadt und Land, im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft. Nachdem am Montag durch Medienberichte bekannt geworden ist, dass der Airport auch am 27. Oktober dieses Jahres nicht in Betrieb gehen kann, wird es für die beiden SPD-Politiker erstmals wirklich eng. Die Grünen im Berliner Rathaus fordern Wowereits Rücktritt, noch diese Woche wollen sie einen Misstrauensantrag stellen. Um seine Haut zu retten, gab Wowereit in einer Krisensitzung am Nachmittag den Aufsichtsratsvorsitz ab. Der „wird künftig vom Land Brandenburg wahrgenommen“, hieß es in einer knappen Erklärung. Zudem findet die nächste Sitzung schon am 16.Jänner statt; dabei dürfte der schon länger angezählte Flughafenchef Rainer Schwarz über die Klinge springen.

Falsch gebaut, Bürger belogen

Das Debakel rund um Deutschlands größte Baustelle erreicht durch die neuen Enthüllungen eine neue Dimension. Zum einen in technischer Hinsicht: Erstmals geht es nicht nur darum, dass Teile des Projekts – vor allem die Brandschutzanlage – nicht rechtzeitig fertig werden, sondern dass sie falsch, nämlich anders als genehmigt, gebaut worden sind. Das heißt: alles neu planen, Boden und Decken aufreißen, neu verlegen. Der Eröffnungstermin steht damit in den Sternen, manche Experten sehen ihn nicht vor 2015.

Zum anderen der politische Aspekt: Erstmals wird den Politikern nicht nur vorgeworfen, dass sie – mangels Kompetenz oder fahrlässig – die Kontrolle über das aus dem Ruder laufende Projekt verloren hätten. Sie sollen zudem auch die Bürger angelogen haben. Denn schon am 18.Dezember informierte Technikchef Horst Amann die Gesellschafter in einer vertraulichen Besprechung darüber, dass der Eröffnungstermin im Herbst nicht zu halten sei. Dennoch beruhigte Wowereit die Berliner in seiner Neujahrsansprache: Er werde alles dazu tun, dass der versprochene Zeitplan eingehalten werde. Nun machte die „Bild“-Zeitung, der ein interner Vermerk in die Hände gefallen war, die wahren Ausmaße des Schlamassels bekannt.

Die Berliner Oppositionspolitiker schäumen. Es sei „eine Frechheit“, von den neuen Komplikationen „aus der Boulevardpresse“ erfahren zu müssen, ärgert sich Pirat Martin Delius, der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses. Für die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ramona Pop ist Wowereit nicht mehr „tragbar“. Sie zeigt sich „fassungslos“, dass der Bürgermeister alle in Unkenntnis lasse und „einfach in den Weihnachtsurlaub“ gefahren sei. Und Jürgen Trittin, der Spitzenkandidat der Grünen für die Bundestagswahl, twittert schon voller Häme: „Das war's jetzt, Klaus.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2013)

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