Showdown: Obama gegen Waffenlobby

President Barack Obama talks with Julia Stokes as he signs executive orders on gun violence flanked by Hinna Zeejah, Taejah Goode and Grant Fritz during an event at the White House in Washington
President Barack Obama talks with Julia Stokes as he signs executive orders on gun violence flanked by Hinna Zeejah, Taejah Goode and Grant Fritz during an event at the White House in WashingtonREUTERS
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Der US-Präsident präsentierte Vorschläge für eine Waffenreform, darunter ein Verbot von Sturmgewehren. Gegner wittern einen Anschlag gegen die Verfassung.

Washington. Grant, Tajeah und Julia flankierten den Präsidenten und den Vizepräsidenten, als die Spitzenrepräsentanten der US-Regierung zur Mittagsstunde im Weißen Haus zum Showdown mit der Waffenlobby antraten. Der Achtjährige, die Zehn- und die Elfjährige waren unter jenen Schulkindern, die unter dem Eindruck des Schulmassakers von Newtown aufgewühlt Briefe an Barack Obama adressierten, in denen sie ihn zum raschen Handeln aufforderten.

Ein wenig mehr als einen Monat nach dem Amoklauf an der Sandy-Hook-Grundschule in Connecticut, dem 20 Erstklässler und sechs Lehrer zum Opfer fielen, sollten die drei Schüler nebst anderen die Entschlossenheit des Präsidenten bezeugen. Das Land, appellierte Obama, dürfe sich in einer so grundlegenden Frage wie der Sicherheit seiner Kinder nicht spalten lassen.

Schärfere Kontrollen

Zwei Tage zuvor hatten sich die Eltern der Opfer von Newtown in Erinnerung gerufen, als sie in einer Pressekonferenz die Initiative „Sandy Hook Promise" vorstellten und dabei die Fotos ihrer Kinder wie eine Monstranz hochhielten. Eine Kinderzeichnung der kleinen Grace McDonnell, einem der Opfer, hängt als tägliche Mahnung in Obamas privatem Arbeitszimmer.



Der Präsident hatte die Nachricht vom Attentat in Newtown als die schlimmste Stunde seiner Amtszeit bezeichnet. Nur wenige Tage nach dem Blutbad beauftragte er seinen Vize Joe Biden mit einer Kommission, die Vorschläge ausarbeiten sollte. Am Mittwoch präsentierte der Präsident jetzt einen umfangreichen Maßnahmenkatalog, und er enthielt all jene Punkte, die bereits im Vorfeld eine Kontroverse mit der Waffenlobby NRA angefacht hatten. Obama plädiert für einen erneuten Bann automatischer Sturmgewehre, für ein Verbot von Waffenmagazinen von mehr als zehn Schuss, für eine Verschärfung der Kontrollen und Backgroundchecks - der Überprüfung von Waffenkäufern.

Rund 40 Prozent der Waffenbesitzer entziehen sich der ohnedies laxen Auflagen, weil sie ihre Waffen bei Waffenmessen, privat oder via Internet erwerben.
Gegner eines strikteren Waffengesetzes wenden ein, derlei Maßnahmen hätten das Massaker in Newtown nicht verhindert. Obamas Vorschläge bleiben derweil hinter dem schärfsten Waffengesetz des Landes zurück, das der Bundesstaat New York dieser Tage beschlossen hat. Untersagt sind dort demnach künftig Sturmgewehre und Magazine mit mehr als sieben Patronen. In New York wie in den gesamten USA führte dies zu einem Run auf die Waffengeschäfte. Waffenfreunde wollen sich noch mit einer Palette an Schusswaffen eindecken, ehe sie aus dem Verkehr gezogen werden.

Um die Waffenreform voranzutreiben und den Kongress zu umgehen, signierte Obama 23 Dekrete. Aus dem republikanisch dominierten Repräsentantenhaus schlägt ihm eine Welle des Widerstands entgegen, selbst im eigenen Lager muss er Abweichler befürchten. Ein Bann von automatischen Sturmgewehren, so konstatierte selbst der demokratische Senatsführer Harry Reid, hat derzeit keine Aussicht auf eine parlamentarische Mehrheit. So erhitzt ist das Meinungsklima, dass ein republikanischer Abgeordneter aus Texas dem Präsidenten gar ein Amtsenthebungsverfahren androht. Wie die NRA witttert er einen Anschlag gegen das zweite Amendment, den 1791 angefügten Verfassungszusatz, der die Bewaffnung von Privatpersonen garantiert.

NRA fährt Geschütz auf

Dabei unterstützt Umfragen zufolge eine überwiegende Mehrheit der Amerikaner ein rigoroseres Waffengesetz, 58 Prozent sprechen sich für ein Sturmgewehrverbot aus. Die NRA fuhr unterdessen schweres Geschütz auf. In einem TV-Spot geißelt sie Obama als „elitären Heuchler", da dessen Töchter den Schutz des Secret Service und von Wachposten an ihrer Privatschule genießen. Die NRA tritt für eine Bewaffnung aller US-Schulen ein. Sie behauptet, allein im letzten Monat eine Viertelmillion neuer Mitglieder gewonnen zu haben - freilich dank eines Rabatts. Erstmals seit Jahren befindet sie sich indes in der Defensive.

Auf einen Blick

US-Präsident Barack Obama präsentierte gestern ein Maßnahmenpaket zum Streitthema Schusswaffen: Automatische Sturmgewehre sollen verboten werden, künftige Waffenbesitzer eingehender überprüft werden.
Der Bundesstaat New York hat indes bereits ein verschärftes Waffengesetz erlassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2013)

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