Ein Privatisierungsverbot für Wasser in der Verfassung wäre rechtlich wertlos, sagt Verfassungsjurist Theo Öhlinger.
Die Politik hat die Festlegung eines Privatisierungsverbots für Wasser in der Verfassung in Diskussion gebracht. Eine solche Bestimmung wäre "rechtlich belanglos", sagte Verfassungsjurist Theo Öhlinger am Mittwoch im Ö1-"Morgenjournal". "Populistischer Unsinn" wäre zu viel gesagt, eine solche Bestimmung demonstriere den Wert, den Wasser für die Österreicher habe. Aber rechtlich habe sie keine Bedeutung. Offenbar wolle man ein Signal nach Brüssel senden. Dort soll eine neue EU-Richtlinie verabschiedet werden, die unter anderem die Vergabe von Konzessionen für die kommunale Wasserversorgung betrifft (siehe unten).
"Dann hilft die Verfassung gar nichts..."
Die EU-Kommission verlange ja gar keine Privatisierung des Wasser, so Öhlinger. "Und selbst wenn man in Brüssel auf die Idee kommen sollte, dann hilft die Verfassung gar nichts, weil das Recht der EU auch Vorrang vor österreichischem Verfassungsrecht hat." Einzige Abhilfe: Man müsste bei der Entstehung einer solchen Anordnung in Brüssel mitarbeiten, etwa im europäischen Parlament und vor allem im Ministerrat, wo ein österreichischer Minister ja immer dabei sei.
Öhlinger sieht in der Debatte die Fortsetzung einer Tradition, die nach dem Zweiten Weltkrieg begonnen hat: Nämlich, "dass eine große Koalition, wenn sie sich über etwas einig war, nur dazu schrieb 'Verfassungsbestimmung'. Dann brauchte man sich um die geltende Verfassung nicht kümmern und konnte sich vor allem sicher sein, dass ein Koalitionspartner allein nicht abändern kann." Das sei eine "sehr problematische Entwicklung". Es gebe Dinge, die unbedingt in die Verfassung gehören, aber "ein solches Verbot der Privatisierung von Wasser eher nicht."
Worum es in der EU-Richtlinie geht
Binnenmarktkommissar Michel Barnier will in der gesamten EU einheitliche Regeln zur Vergabe von Konzessionen für Dienstleistungen schaffen – darunter fällt auch die Wasserversorgung. Ziel ist der EU zufolge mehr Transparenz, Wettbewerb und Chancengleichheit. Kritiker, v. a. in Deutschland und Österreich, sehen in dem Entwurf einen Versuch, die Wasserversorgung zu privatisieren.
Die EU erklärte, dass sie keine Zwangsprivatisierung vorgeschlagen hat. Nur Kommunen, die ihre Wasserversorgung freiwillig privatisieren, müssen transparente Verfahren durchführen. Im Binnenmarktausschuss stimmte eine große Mehrheit für den Entwurf. Im März soll das gesamte EU-Parlament über die Richtlinie abstimmen.
>>> Statement der EU-Kommission
>>> EU-Richtlinie zur Konzessionsvergabe
(APA/Red.)