Arbeitsmarkt: "Beschäftigungspolitik national regeln"

(c) REUTERS (Marcelo del Pozo)
  • Drucken

Der Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit soll nach Ansicht der Österreicher auf EU-Ebene gehoben werden. Eine Mehrheit für eine europäische Arbeitsmarktpolitik gibt es aber nicht.

Wien. Wenn es um den Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit geht, springen die Österreicher über ihren europaskeptischen Schatten. Andererseits zeigen sie sich äußerst kritisch, was die Übertragung von Kompetenzen in der Beschäftigungspolitik auf EU-Ebene betrifft. Das ergab eine Umfrage der Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE), die der „Presse“ exklusiv zur Verfügung gestellt wurde.

Unter der – derzeit unwahrscheinlichen – Voraussetzung, dass auch Großbritannien, Deutschland, Schweden und die Niederlande auf ihre Rabatte im EU-Budget verzichteten, wären die Österreicher dafür, dass dieses Geld in Programme gegen die Jugendarbeitslosigkeit fließt. Auf die Frage „Was halten Sie von dem Vorschlag, dass diese acht Milliarden Euro künftig für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa verwendet werden?“ antworteten rund 71 Prozent zustimmend. 16 Prozent lehnten die Idee, die Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) in den EU-Gremien eingebracht hat, ab.

Der Bereich Jugendarbeitslosigkeit ist allerdings die große Ausnahme, bei der sich die heimische Bevölkerung eine gemeinsame europäische Sozialpolitik vorstellen kann. Insgesamt sind die Österreicher nämlich dagegen, dass in der Beschäftigungspolitik Kompetenzen an die EU übertragen werden. Auf die Frage „Soll die Europäische Union in Zukunft mehr Kompetenzen im Bereich der Beschäftigungspolitik erhalten?“ antworteten 47 Prozent mit Nein und nur 40 Prozent mit Ja.

(c) DiePresse

Ältere besonders kritisch

Eine Mehrheit für eine gemeinsame europäische Beschäftigungspolitik gibt es nur bei der jüngeren Bevölkerung bis 35 Jahre. Die ältere Bevölkerung ist klar dagegen. „Den Österreichern geht es gut. Sie sehen keine Notwendigkeit, weitere Kompetenzen auf EU-Ebene zu heben, wollen aber mit den vorhandenen EU-Mitteln die Schaffung von Arbeitsplätzen stärker unterstützen“, sagt ÖGfe-Generalsekretär Paul Schmidt.

Der Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit habe bei den Österreichern hohe Priorität, ist Schmidt überzeugt. „Wenn die Politik glaubwürdig sein will, muss sich dieses Anliegen auch im EU-Budget widerspiegeln.“ Eine relative Mehrheit von 50Prozent sprach sich in der ÖGfE-Umfrage dafür aus, dass es in der Europäischen Union ebenso wie in Österreich eine „Jugendgarantie“ geben soll, also einen Arbeitsplatz oder Ausbildungsplatz für alle Jugendlichen unter 25 Jahren. 39 Prozent sind dagegen (Rest: „Weiß nicht“).

Die ÖVP, die bisher gegen eine Freigabe der Rabatte für den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit eingetreten ist, zeigte sich in den vergangenen Tagen in der Frage des künftigen EU-Budgets etwas flexibler. Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger betonte aber, dass die EU-Partner zumindest einen Schritt auf Österreich zugehen müssten.

Faymann will seinen Vorschlag für einen Verzicht auf alle Rabatte zugunsten der Jugend nächste Woche beim EU-Haushaltsgipfel in Brüssel erneut vorbringen. Bei einem Treffen mit Kommissionspräsident José Manuel Barroso diese Woche in Wien hatte Faymann betont: „Wenn alle bereit sind, auf die Rabatte zu verzichten, ist Österreich auch dazu bereit.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Europa

Lopatka: Substanziellen Rabatt sichern

Österreich soll gegenüber anderen Nettozahlern nicht schlechter gestellt werden. Der Nettobeitrag wird auf über eine Milliarde Euro steigen.
Europa

Lopatka: Substanziellen Rabatt sichern

Österreich soll gegenüber anderen Nettozahlern nicht schlechter gestellt werden. Der Nettobeitrag wird auf über eine Milliarde Euro steigen.
EUBudget oesterreichs Nettobeitrag steigt
Europa

Österreichs Nettobeitrag dürfte auf über 1 Mrd. steigen

Österreich könnte Gelder aus zwei EU-Fördersäulen verlieren, sagt Staatssekretär Lopatka. Das sei aber "nicht dramatisch".

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.