Ski-WM: „Wir müssen hohe Ansprüche haben“

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Ausgerechnet in der alpinen Königsdisziplin ist Österreich bei Weltmeisterschaften seit zehn Jahren sieglos. Die letzte Goldmedaille hat Walchhofer 2003 gewonnen. Reichelt fixierte auf der Planai die erste Bestzeit.

Schladming. Die Königsdisziplin der 42. alpinen Skiweltmeisterschaft rückt näher, der Bewerb ist seit Donnerstag auch ausverkauft, wie der Österreichische Skiverband stolz vermeldet. Am Samstag steigt auf der Planai das erste große Highlight dieser Titelkämpfe und gern wird darauf verwiesen, dass dieser Hang den Veranstaltern schon einmal Glück gebracht hat. Harti Weirather avancierte 1982 zum Retter der Skination, er gewann am letzten Tag doch noch Gold für Rot-Weiß-Rot.

Mit der Abfahrt aber stehen die erfolgsverwöhnten Österreicher seit einigen Jahren auf Kriegsfuß. Die letzte Goldmedaille in der Königsdisziplin hat Michael Walchhofer gewonnen, die Fahrt zum Triumph passierte 2003 in St. Moritz. Das ist für den Salzburger auch heute noch unvergesslich. Insgesamt war der Familienvater und Hotelier aus Zauchensee bei sieben Weltmeisterschaften dabei, in Schladming agiert er als Sponsorenvertreter, Ratgeber und Daumendrücker.

„Botschafter“ des Wintersports

Walchhofer kennt das Gefühl, sich die Krone aller alpinen Bewerbe aufzusetzen. Insgesamt hat er in seiner Vitrine vier WM- und eine Olympia-Medaille baumeln. Tauschen will er mit keinem Athleten mehr, dafür hat er zu oft sehr viel riskiert und sich Schmerzen eingehandelt. Ohne Stürze geht es in der Abfahrt nicht, auch die Besten der Besten hat es alle schon erwischt. Es gibt kaum einen Topfahrer, der noch heile Bänder hat. Und sieht Walchhofer einen Sturz, wie er Lindsey Vonn im Super-G passiert ist, im Fernsehen, beutelt es ihn immer noch.

Der Salzburger, der ein Muster an Konstanz war, hat immer strenge Maßstäbe angelegt und sich selbst unter Druck gesetzt. „Wir müssen erfolgreich sein“, sagt er. „Solange wir dieser Meinung sind, ist es so. Wir dürfen diese Ansprüche nicht aufgeben. Wenn wir sagen, wir können nicht besser Fußball spielen, dann wird es vermutlich immer so bleiben.“ Daher sei es auch legitim, bei dieser WM eine hohe Erwartungshaltung zu haben. Ziel und Zweck müsse der sportliche Erfolg sein. Alles andere sei sinnlos.

In Hermann Maiers Schatten

In St. Anton 2001, Österreichs letzter Ski-WM, war vom Abfahrer Walchhofer noch keine Rede. Er durfte lediglich in der Kombination starten, das Ziel hat der ehemalige Slalomläufer („Ich hatte bei meiner Körpergröße mit den immer kürzer werdenden Skiern Probleme“) nicht gesehen. Alles drehte sich am Arlberg um Hermann Maier. Dreimal Gold hätte es werden sollen – ist es aber nicht. Auch im Schnee können Favoriten sterben.

Walchhofer betont stets die Rolle der Athleten als Botschafter des Wintersports. Seine Masterarbeit beschäftigt sich auch mit diesem Thema: „Weltcup-Veranstaltungen als Motor für die wirtschaftliche und touristische Entwicklung für die Veranstaltungsorte im deutschsprachigen Raum.“

Die österreichischen Botschafter am Samstag heißen Klaus Kröll, Hannes Reichelt und Max Franz. Der vierte Mann könnte Joachim Puchner, Georg Streitberger, Matthias Mayer, Romed Baumann oder Florian Scheiber sein. Für sie wird der heutige Freitag zum „Rennen vor dem Rennen“. Der nächste Trainingslauf wird allerdings nur in einer verkürzten Variante stattfinden. Beim Slalomstart ist Schluss, aus Gründen der Pistenschonung. Gut im Griff hat die Strecke bereits Hannes Reichelt. Der Salzburger fixierte Bestzeit, er beschreibt die WM-Abfahrt so: „Oben ist es wie Wengen, unten wie in Kitz und Bormio. Man muss über die Wellen das Tempo mitnehmen und die Einfahrt zum Zielhang erwischen.“ Von einer Erkältung geschwächt ist Klaus Kröll. „Ich habe schon beim Stiegensteigen geschwitzt.“ Michael Walchhofer kann darüber nur lächeln. „Rennen werden im Kopf entschieden!“

1. Abfahrtstraining, Herren

1. Reichelt (AUT) 2:02,98 Min. 2. Paris (ITA) +0,11 Sek. 3. Innerhofer (ITA) 0,35 4. Guay (CAN) 0,91 5. Svindal (NOR) 0,98 6. Kröll 0,99 10. Franz 1,14. 15. Streitberger 1,77 19. Puchner 1,92 24. Scheiber 2,10 26. Baumann 2,12 28. Mayer 2,24 35. Raich 3,13.

Auf einen Blick

Österreichs Abfahrtsteam ist bei Weltmeisterschaften seit zehn Jahren sieglos. Die letzte Fahrt zu Gold gelang Michael Walchhofer bei der WM 2003 in St. Moritz. Die ÖSV-Herren stellen mit Klaus Kröll den amtierenden Sieger im Disziplinenweltcup. Top-Favorit für Gold ist jedoch Aksel Lund Svindal.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2013)

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