Guay: „Da braucht es schon eine Heldentat“

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Guay spekuliert mit dem nächsten Abfahrtsgold. Der Kanadier fährt aus Leidenschaft und will in Schladming eine große Show bieten. Abseits der Piste lehnt er Risken ab, er investiert in sichere Immobilien.

Schladming. Er ist Österreich sehr verbunden, schließlich schlagen die Kanadier regelmäßig ihr Winterquartier in Kirchberg in Tirol auf. Die Weltmeisterschaft in Schladming betrachtet er auf gewisse Weise als Titelkämpfe auf fast eigenem Boden. Darum fühlt er sich etwa auch in Kitzbühel so wohl. Die Streif hat er heuer fast als Sieger verlassen, letztlich durfte er Rang zwei fast wie einen Triumph feiern. Die Rede ist von Erik Guay, dem WM-Titelverteidiger in der Abfahrt.

Der 31-jährige Familienvater aus Mont Tremblant gehört auch heute zum engeren Favoritenkreis, obwohl er seit seiner Gold-Medaille in Garmisch-Partenkirchen 2011 kein Weltcuprennen mehr gewinnen konnte. Seine Trainingszeiten auf der Planai deuten allerdings darauf hin, dass ihm die Strecke liegt. Ganz zufrieden ist er jedoch noch nicht. Er sagt: „Ich muss noch den siebenten Gang finden.“

In Österreich Ski zu fahren, das betrachtet Guay als Privileg. „Ein fantastisches Zielstadion, es werden tausende Fans kommen. Hier spürt man die Anerkennung für unseren Sport. Das gefällt mir. Hier kennen sich die Leute aus, ihr seid ja ein großes Skifahrerland mit einer langen Tradition.“ Auch aus diesem Grund gibt es nur ein Ziel: „Wir wollen eine große, gute Show bieten.“

Der Frankokanadier, der es in seiner Karriere bislang auf drei Weltcupsiege gebracht hat, fühlt sich stark genug, um heute „voll attackieren“ zu können. Vor zwei Jahren hätte er bedeutend schlechtere Karten gehabt. Auch aus gesundheitlichen Gründen, Rückenprobleme haben ihn immer wieder zurückgeworfen. Den Druck, erfolgreich zu sein, den macht er sich selbst. „Ich weiß“, sagt er, „wie schwer es ist, einmal Weltmeister zu werden. Den Titel zu verteidigen, das ist aber eine ganz andere Geschichte. Das ist noch viel schwieriger, da braucht es schon eine große Heldentat.“

Mit Glück versilbert

Die „Crazy Canucks“ haben im alpinen Skilauf schon oft Geschichte geschrieben. Sie sind ähnlich wie die US-Mannschaft immer wieder in der Lage, ausgerechnet bei Großereignissen zuzuschlagen. Partout in Vancouver 2010 aber hat es bei Heim-Olympia nicht mit Edelmetall geklappt. „Schuld daran war, dass die Erwartungen viel zu hoch waren“, sagt Guay. „Über diese Latte sind wir alle leider nicht drübergekommen.“

Aber die Rennen von Whistler sind für Erik Guay längst Schnee von gestern. Die Konzentration gilt Schladming. Auf der Planai könnte gerade in der „Königsdisziplin“ der dritte WM-Titel für Kanada winken. Denn vor Guay triumphierte John Kucera 2009 in Val d'Isere. „Three-Peat“ nennen das Sportfans in ihrer Heimat.

Der 31-Jährige, der einen österreichischen Sponsor hat, ist Rennläufer aus Leidenschaft. Wobei es ihm gelungen ist, das verdiente Gold zu versilbern. Erik Guay investierte in Immobilien, das Projekt hat sich nach eigenen Angaben gut entwickelt. In Mont Tremblant besitzt der Weltmeister ein Seegrundstück, weitere Besitztümer hat er in Vancouver und Calgary. „Ich hatte einfach Glück. Die wenigsten von uns verdienen im Weltcup gut. Und trotzdem riskieren wir alles.“

Auf Guay hofft auch Max Gartner, der Präsident des kanadischen Verbandes. Der Österreicher bastelt schon am Budget für die Olympia-Saison. Er muss Geld für das Unternehmen Sotschi aufstellen. Auch das ist eine Heldentat.

Ergebnisse, 2. Abfahrtstraining

1. Roger (FRA) 1:37,70 2. Sporn (SLO) +0,33 3. Sullivan (USA) 0,48 6. Kröll 0,69 9. Mayer 0,84 12. Puchner 1,15 13. Streitberger 1,16 19. Baumann 2,45.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2013)

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