EU-Beratungen

Weber fordert bei Reform zu Asylrecht Einigkeit, Karner Solidarität

Manfred Weber, Chef der EVP,  ruft die EU-Staaten zur Einigkeit auf.
Manfred Weber, Chef der EVP,  ruft die EU-Staaten zur Einigkeit auf.REUTERS
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Die EU-Innenminister wollen über schärfere Regeln des Asylsystems beraten. Die Positionen gehen weit auseinander. Es geht unter anderem darum, ob Asylanträge schon an den EU-Außengrenzen vorab überprüft werden sollen.

Kurz vor EU-Beratungen über mögliche schärfere Asylregeln hat der Chef der EVP, Manfred Weber, die EU-Staaten zur Einigkeit aufgerufen. Die Länder sollten sich beim Treffen der EU-Innenminister Donnerstag auf einen gemeinsamen Standpunkt einigen, um die Verhandlungen über eine Reform der Dublin-Regeln und Asylverfahren aufnehmen zu können. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) erklärte, bei der Verteilung von Flüchtlingen nur zu einer eingeschränkten Solidarität bereit zu sein.

„Beim Asylpakt muss berücksichtigt werden, dass Österreich bei den Asylanträgen außerordentlich belastet ist und nicht weniger belasteten Mitgliedstaaten Solidarität leisten kann. Wir erwarten Solidarität von anderen“, sagte er der „Welt“. Zugleich drängte Karner auf eine zügige Einigung beim Schutz der europäischen Außengrenzen. „Die Regierungschefs haben im Frühjahr auf ihrem Gipfel einen robusten Außengrenzschutz beschlossen. Jetzt müssen wir den nächsten Schritt setzen und schnelle Asylverfahren an der Außengrenze beschließen.“

Karner: „Das derzeitige Asyl-System ist kaputt“

In einer Aussendung ergänzte Karner, der Pakt beinhalte rasche Asylverfahren an der EU-Außengrenze, für die sich Österreich als eines der ersten Länder stark gemacht habe. „Allein im vergangenen Jahr sind zumindest 2500 Migranten im Meer ertrunken. Das zeigt dramatisch, dass das derzeitige Asyl-System kaputt ist“, so Karner. „Ein funktionierender Außengrenzschutz und schnelle Asylverfahren an der Außengrenze entziehen den Schleppern die Geschäftsgrundlage und verhindern Asylmissbrauch und illegale Migration.“

Im Vorfeld des Gipfels habe sich Österreich eng mit den europäischen Partnern abgestimmt. Karner nannte Treffen mit der deutschen Innenministerin Nancy Faeser und dem dänischen Migrationsminister Kaare Dybvad Bek sowie telefonische Beratungen mit der schwedischen Ratsvorsitzenden Maria Malmer Stenergard, EU-Kommissarin Ylva Johansson, dem niederländischen Migrationsminister Eric Van der Burg, Italiens Innenminister Matteo Piantedosi und dem kroatischen Innenminister und Vize-Ministerpräsidenten Davor Božinović sowie mit dem slowakischen Innenminister Ivan Šimko.

Vorprüfungen von Anträgen schon an der EU-Außengrenze?

Die EU-Innenminister beraten am Donnerstag in Luxemburg über die seit Jahren strittige Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Es geht unter anderem um die Frage, ob es Vorprüfungen von Asylanträgen schon an den EU-Außengrenzen geben soll. Die deutsche Regierung hat sich dafür offen gezeigt, will aber durchsetzen, dass Minderjährige unter 18 und Familien mit Kindern diese Verfahren nicht durchlaufen müssen. Entsprechend hatten sich auch Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck (beide Grüne) geäußert. Baerbock sagte, Grenzverfahren seien hochproblematisch - der EU-Kommissionsvorschlag sei aber die einzige Chance, auf absehbare Zeit zu einem „geordneten und humanen Verteilungsverfahren“ zu kommen.

Ob die Innenministerinnen und Innenminister am Donnerstag wirklich eine Positionierung für Verhandlungen mit dem EU-Parlament beschließen können, war bis zuletzt unklar. Denkbar ist auch, dass die Verhandlungen noch einmal fortgesetzt werden müssen.

Ausnahme für Minderjährige?

Zu der Forderung, Minderjährige zwischen 12 und 17 Jahren von den geplanten Grenzverfahren auszunehmen, erklärte Weber: „So werden Schleuser ermutigt, Familien und jüngere Menschen ins Visier zu nehmen, weil sie de facto eine Garantie haben, in Europa bleiben zu können.“ Damit würden Jugendliche „nicht geschützt, sondern verstärkt gefährdet“.

Hintergrund der EU-Beratungen sind die gestiegenen Migrantenzahlen. Seit Monaten versuchen sehr viele, von Nordafrika über das Mittelmeer Süditalien zu erreichen. Nach Angaben aus Rom kamen seit Jänner mehr als 50.000 Migranten auf Booten nach Italien. In Deutschland wurden in den ersten vier Monaten dieses Jahres gut 100.000 Asylerstanträge vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entgegengenommen, eine Zunahme um rund 78 Prozent. Österreich gehörte im vergangenen Jahr in Bezug auf die Zahl der Asylanträge zu den am meisten belasteten Ländern in der EU. Es wurden demnach mehr als 112.000 Asylanträge gestellt, eine Verdreifachung gegenüber 2021.

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