Leitartikel

Wie Silvio Berlusconi das liberale Zentrum zertrümmerte

Silvio Berlusconi hinterlässt ein großes Erbe
Silvio Berlusconi hinterlässt ein großes ErbeAPA / AFP / Andreas Solaro
  • Drucken
  • Kommentieren

Der Medienmagnat und Ex-Premier hat Italiens politische Anomalie gefestigt und den Weg zur Radikalisierung geebnet. Sein populistischer Regierungsstil machte weltweit Schule.

Der Vorhang ist gefallen: Ein zentraler Akt im italienischen Politdrama ist mit dem Tod Silvio Berlusconis zu Ende gegangen, des wohl bekanntesten und einflussreichsten italienischen Politikers des „Novecento“ seit Benito Mussolini. Doch wenn der viermalige Premier sich im fortgeschrittenen Alter mit dem biblischen Lazarus verglich oder mit Unsterblichkeit prahlte, hatte er nicht ganz unrecht: Berlusconi überlebt tatsächlich seinen Tod. Sein politisches Erbe prägt auch die nächsten Akte italienischer Politik.

Denn der Unternehmer hat Italiens demokratische Anomalie der Nachkriegsjahre geschickt zu seinen eigenen Gunsten umgemodelt – und gefestigt. Er war es, der mit seiner populistischen und personalisierten Firmenpartei das Mitte-rechts-Zentrum besetzte und die Entstehung einer marktwirtschaftlich orientierten, liberalen Partei verhinderte. Eine solche laizistische Partei hatte sich in Italien seit der Auflösung der Partito Liberale Italiano in den 1920ern nie mehr richtig durchsetzen können, obwohl vor allem im reichen, industrialisierten Norden das Bedürfnis danach groß war. Doch nach den Faschisten dominierten jahrzehntelang die Christdemokraten Politik und Wirtschaft, in oft atemraubenden Megakoalitionen. Hauptziel war zu verhindern, dass die mächtigste kommunistische Partei Westeuropas an die Regierung kam, obwohl die PCI zeitweise bei Wahlen die meisten Stimmen erhielt.

Hoffnung, Verführung und Bankrott

Als das alte Parteiensystem Anfang der 1990er wegen Korruption und Ende des Kalten Kriegs zusammenstürzte, herrschte Aufbruchstimmung. Die Hoffnung war groß, dass sich Italien in eine reife, liberale Demokratie verwandeln würde, samt gesundem Wettbewerb zwischen rechts und links sowie der Überwindung des alles beherrschenden Klientelsystems, das die Wirtschaft verpestete.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.