Medienpolitik

ORF-Gesetz: Drohen „gravierende Folgen“?

Imago/Martin Juen
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Die Novelle zum ORF-Gesetz hat den Ministerrat passiert und soll noch vor dem Sommer beschlossen werden. Die im Begutachtungsverfahren geäußerten Bedenken wurden weitgehend überhört.

5128 Stellungnahmen zum geplanten ORF-Gesetz wurden im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens abgegeben. Die Einwände reichten von Datenschutzbedenken über Kritik am ORF-Beitrag bis zum Ruf nach einer Entpolitisierung der ORF-Gremien und der Schärfung des öffentlich-rechtlichen Auftrags. Auch der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) und der Privatsenderverband (VÖP) äußerten schwere Bedenken – und bekamen Schützenhilfe durch den Rechnungshof, der in seiner Stellungnahme forderte: „Der Gesetzgeber sollte ein ausgewogenes, gesamthaftes System der Medienförderung auf Grundlage von nachvollziehbaren Qualitätsstandards entwickeln, das die Medienvielfalt für den privaten Bereich sicherstellt.“

Am Mittwoch haben nun ÖVP und Grüne das Gesetz, das unter anderem die Umstellung von der GIS-Gebühr auf eine Haushaltsabgabe in der Höhe von 15,30 Euro pro Monat bringt, im Ministerrat abgesegnet und im Nationalrat eingebracht. Es soll noch vor der Sommerpause beschlossen werden. Die Einwände des Begutachtungsverfahrens sind dabei weitgehend verhallt. Nur Kleinigkeiten wurden geändert.

Der ORF bekommt mit dem neuen Gesetz unter anderem mehr Möglichkeiten im digitalen Raum und darf künftig Inhalte sowohl Online only als auch Online first produzieren und senden. Das von Verlegerseite als zu zeitungsähnlich kritisierte ORF.at muss sich auf Bewegtbild konzentrieren – darf aber weiter Textbeiträge bringen, die auf maximal 30 Prozent oder 350 pro Woche beschränkt werden. Damit sind die Bedenken des VÖZ allerdings keineswegs ausgeräumt. Er fordert weiterhin Rahmenbedingungen, die eine Koexistenz von ORF und privaten Medien sichern. Hintergrund ist der zunehmende Verteilungskampf am Markt, der Zeitungen – jüngst „Kurier“ und „Kleine“ – auch zu Personalabbau zwingt.

Verleger drohen mit EU-Verfahren

Im Begutachtungsverfahren verlangte der VÖZ etwa, ORF.at auf audiovisuelle Beiträgen mit maximal 300 Zeichen langen Begleittexten zu beschränken. Online only solle nur mit konkretem Bezug zum Programm erlaubt sein. Auch forderten die Verleger eine wirksame Beschränkung der ORF-Werbung und verlangten, Angebote, die keinen öffentlich-rechtlichen Mehrwert haben, privaten Medien zu überlassen. Berücksichtigt wurde das nicht. VÖZ-Präsident Markus Mair (Styria Media Group) befürchtet nun „gravierende Folgen für den Medienmarkt“. Sollte das Gesetz so beschlossen werden, dürfte der VÖZ also seine Drohung wahr machen und es in Brüssel anfechten. Denn, so argumentiert der VÖZ: Bereits jetzt sei es dem ORF eigentlich untersagt, ein zeitungsähnliches Onlineangebot wie ORF.at zu machen – dazu habe er sich im Zuge eines Beihilfenverfahrens bei der EU-Kommission im Jahr 2009 verpflichtet. Wenn nun mit dem neuen Gesetz diese Presseähnlichkeit von ORF.at weiter festgeschrieben werde, werde man die EU-Kommission erneut mit dem Thema befassen müssen.

Auch die Privatsender hatten gewarnt, dass das neue ORF-Gesetz die Marktmacht des ORF einzementiere. Sie hatten sich Werbebeschränkungen auch im ORF-TV gewünscht und moniert, dass die geplanten Regelungen für Radio- und Online-Werbung keine Auswirkungen haben, weil der ORF das Potenzial ohnehin nicht ausschöpfe. Der VÖP wollte auch eine Beschränkung der Audio- und Videobeiträge auf ORF.at. Am Mittwoch waren die Privatsender aber vor allem guter Dinge: Sie freuten sich über eine ebenfalls eingebrachte Novelle zum Privatradiogesetz, die künftig mehr Digitalradio-Programme (DAB+) ermöglicht.

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