Justiz

Entscheidung über Falschaussage-Anklage gegen Kurz steht bevor

Der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz im Ibiza-U-Ausschuss.
Der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz im Ibiza-U-Ausschuss.APA/HELMUT FOHRINGER
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Justizministerin Alma Zadic (Grüne) steht unmittelbar davor, ein Machtwort zu sprechen - und zwar bezüglich des Vorhabensberichts der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Dieser Bericht bezieht sich auf die Falschaussage-Vorwürfe, die gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erhoben werden.

Wird Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz wegen Falschaussage im Ibiza-U-Ausschuss angeklagt? Eine Antwort auf diese Frage steht dem Vernehmen nach unmittelbar bevor. Allein die Tatsache, dass aus dem Ermittlungsverfahren, das auch wegen der Inseraten-Affäre läuft, der Falschaussage-Vorwurf bereits abgespaltet wurde (ein eigener Akt wurde gebildet), deutet daraufhin, dass die WKStA Kurz vor Gericht bringen will.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hatte bereits im Jänner ihren Vorhabensbericht an die Oberbehörden erstattet. Der Akt wanderte ins Justizministerium, wo das „Vorhaben“ der Korruptionsjäger nun dem Weisungsrat zugeleitet wurde. Dieses Gremium berät die Ministerin. Zadic hat bereits wissen lassen, der Empfehlung des Rates zu folgen.

Wenn es tatsächlich zu einer Anklage (korrekt: zu einem Strafantrag) kommen sollte, umfasst dieser eben „nur“ den Vorwurf der Falschaussage. Die sonstigen Ermittlungen im vom Ibiza-Video ausgelösten Casag-Verfahren bis hin zur Inseraten-Affäre laufen weiter.

Bei besagten Falschaussage-Vorwürfen geht es um die Frage, wie intensiv der frühere ÖVP-Chef während der türkis-blauen Regierung in die Reform der Staatsholding Öbib zur Öbag involviert war. Bei seiner Befragung im Ibiza-Untersuchungsausschuss des Parlaments am 24. Juni 2020 spielte Kurz seine Rolle bei der Auswahl des Aufsichtsrats sowie bei der Bestellung des umstrittenen Ex-Öbag-Chefs Thomas Schmid herunter und sprach sinngemäß von normalen Vorgängen.

Im U-Ausschuss gab Kurz zu Protokoll, er habe „natürlich“ gewusst, dass „an der Öbag gearbeitet wird, selbstverständlich! Das war ja immer klar, dass es die Idee gab, hier aus der Öbib eine Öbag zu machen“. Er sei daher, „eingebunden im Sinne von informiert“ gewesen. Allerdings könne er sich „nicht erinnern, dass ich mich für ihn (Thomas Schmid, Anm.) eingesetzt habe, aber ich habe ihn für qualifiziert gehalten, Und ja, ich respektiere auch diese Entscheidung“. Außerdem gab er an, dass von ihm die Planung, dass Schmid Vorstand werden sollte, „nicht ausgegangen“ sei, „aber soweit ich mich erinnern kann, hat er mich irgendwann davon informiert, dass er sich bewerben wird. Es war auch in den Medien ein Thema.“

Versuch, das U-Ausschuss-Protokoll zu ändern

Auf die Neos-Nachfrage zu Schmid: „Haben Sie mit ihm nie darüber gesprochen, dass er das werden könnte?“, sagte Kurz: „Nein, es war allgemein bekannt, dass ihn das grundsätzlich interessiert, und es war sicherlich auch so, dass immer wieder davon gesprochen wurde, dass er ein potenziell qualifizierter Kandidat war.“ Nun könnte Kurz einwenden, dass sein „Nein“ in Kombination mit dem „Nie“ in der Fragestellung auch als Ja gewertet werden könnte. Doch wollte Kurz gerade das „Nein“ aus dem Ausschuss-Protokoll streichen lassen, was ihm aber nicht gelang. Für die WKStA zeigt wohl auch das, dass Kurz sich der rechtlichen Problematik seiner Aussagen bewusst ist.

Weiters führen die Ermittler an, dass Kurz‘ Chatnachrichten weit konkreter klangen, als er im U-Ausschuss angab. So zitiert die WKStA aus Chatnachrichten, in denen Kurz Schmid zwei Monate vor dessen Hearing zum Öbag-Chefposten signalisiert haben soll, dass alles „auf Schiene“ sei. Am 13. März 2019 folgte dann die mittlerweile öffentlich breit bekannte Konversation zwischen den beiden, in der sich Kurz erst bei Schmid für einen Termin bedankte. Darauf antwortete Schmid, Kurz möge ihn „nicht zu einem Vorstand ohne Mandate“ machen. Darauf wieder Kurz: „Kriegst eh alles was du willst.“

Verurteilung nur bei Vorsatz möglich

Fest steht: Im Falle eines Strafantrags kann Kurz nur verurteilt werden, wenn ihm auch der Vorsatz, falsch auszusagen nachgewiesen werden kann. Und er dürfte argumentieren, man dürfe nicht jedes Wort während einer längeren Ausschuss-Befragung auf die Goldwaage legen. Man darf wohl mit Zeugen im U-Ausschuss nicht so streng sein wie bei Falschaussagen vor Gericht. Denn dort werden Fragen präzise gestellt, im U-Ausschuss oft verschwommen und überdies vom politischen Gegner. Andererseits gilt zumindest für Gerichtszeugen, dass eine Falschaussage nicht nur bei Lügen vorliegt, sondern auch, wenn man Wichtiges verschweigt. Und Kurz sagte Einiges nicht. Letztlich wird die Beweiswürdigung dem Gericht zukommen.

Fest steht außerdem: Auf falsche Beweisaussage stehen bis zu drei Jahre Haft. Es kommt aber auch eine Diversion (Verantwortungs-Übernahme plus Geldbuße) in Betracht. Kurz bestreitet den Vorwurf, es gilt die Unschuldsvermutung.

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