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Wie das Schnitzelhaus Figlmüller zur Legende wurde

Nunmehr offiziell Verwalter einer Legende: Hans (l.) und Thomas Figlmüller.
Nunmehr offiziell Verwalter einer Legende: Hans (l.) und Thomas Figlmüller.Nikolaus Mautner Markhof
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Der Foodguide Taste Atlas reiht Figlmüller auf Platz eins seiner Legendenliste. Was es damit auf sich hat – und wie man sich in Glaubensfragen positioniert.

Ich muss selber ein bissl lachen“, sagt Hans Figlmüller am Telefon über die Tatsache, dass sein Schnitzel-Lokal in Wien plötzlich als das legendärste Restaurant der Welt gilt. „Es gibt ja doch einige Gastronomiebetriebe auf dem Planeten, dass wir das geworden sind, hat uns schon überrascht.“

Wie nun bekannt wurde, hat der Online-Foodguide Taste Atlas das Restaurant Figlmüller in seinem Ranking internationaler Restaurantlegenden zur Nummer eins gekürt, noch vor Ikonen wie dem Katz-Deli in New York oder dem Münchner Hofbräuhaus. 150 Restaurants in der ganzen Welt finden sich auf der Liste. Die seien es wert, zumindest einmal im Leben besucht zu werden. Nicht (nur), weil es dort mundet, sondern auch wegen ihrer Geschichte. „Das sind Orte, an die man nicht nur zum Essen hingeht. Vergleichbar mit den weltberühmtesten Museen, Galerien und Monumenten.“

Wie ernstzunehmend dieses Ranking ist, sei dahingestellt. Taste Atlas ist dafür bekannt, laufend unterschiedlichste Listen zu erstellen – von der besten Küche über die besten traditionellen Speisen bis zu den besten Hühnergerichten der Welt. Manche entstehen per Voting, andere werden – wie die Legenden – offenbar von der Redaktion kuratiert. So oder so: „Wir freuen uns natürlich sehr“, sagt Figlmüller. „Ich habe von erstaunlich vielen Leuten in den letzten Tagen eine WhatsApp-Nachricht dazu bekommen. Und es ist jedenfalls eine gute Werbung.“

Touristen in der Schlange

Nicht, dass man das unbedingt nötig hätte: Der Figlmüller mit seiner mehr als 100-jährigen Geschichte ist eine Institution, die Ikone des Schnitzels. Die Schlangen vor dem Ur-Figlmüller in der Wollzeile, zu dem 2001 ein zweites Lokal in der Bäckerstraße kam, sprechen für sich. Dort stehen freilich größtenteils Touristen: Das überdimensionale Figlmüller-Schnitzel steht in jedem Reiseführer, das Schnitzelplakat auf dem Flughafen ist seit Jahren das Erste, was man bei der Ankunft auf dem Wiener Flughafen sieht. Wiener finden sich im Figlmüller üblicherweise dann ein, wenn sie Gäste haben – ob aus Purkersdorf, aus London oder aus Tokio.

Ein Wiener Schnitzel im Figlmüller anno 1999.
Ein Wiener Schnitzel im Figlmüller anno 1999.ullstein bild

„Das stimmt, das ist auch unsere Beobachtung“, sagt Hans Figlmüller. „Zehn bis 15 Prozent sind Wiener, die ohne Gäste kommen, weitere zehn bis 15 Prozent sind Wiener, die kommen, um jemandem den Figlmüller zu zeigen.“ Ist das ein Problem? „Natürlich freuen wir uns über Locals sehr, aber wir sind eigentlich happy so, wie es ist. Die einheimischen Gäste bedienen wir in den anderen Lokalen.“ Von denen gibt es fünf: das Restaurant am Lugeck, Figls in Döbling, Joma, ein Café auf dem Flughafen, gerade ist mit dem Zwischengang am Stephansplatz eines dazugekommen, auf dem Flughafen wird eine Weinbar eröffnet und in ein paar Wochen folgt ein Imbisstand, um den Figlmüller noch ein Geheimnis macht.

Die Legende ist freilich das kleine Durchgangslokal in der Wollzeile – und sein Figlmüller-Schnitzel: anders als das originale Wiener Schnitzel aus Schweinefleisch, relativ dünn und so groß, dass es über den Tellerrand hängt: 30 Zentimeter Durchmesser sollte es haben. Das habe sich nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt: „Kalb war damals kaum zu bekommen – und wer die größere Portion auf dem Teller hatte, der hatte mehr Geschäft. Das hat sich herumgesprochen, dass das Schnitzel über den Tellerrand hängt, und wir tun da nicht herum, wir ziehen das durch.“

Vom Schwein – und vegan

Bei weiteren Glaubensfragen rund um das österreichische Nationalgericht positioniert man sich hier so: Herausgebacken wird das Fleisch in drei Pfannen, in Pflanzenöl (nicht in Butterschmalz) – und es wird nicht übertrieben souffliert, das heißt: vergleichsweise wenige Blasen in der Panier. „Da scheiden sich die Geister“, sagt Hans Figlmüller zu dem Luftpolster zwischen Fleisch und Panier, der für die einen ein absolutes Qualitätsmerkmal, für andere eher entbehrlich ist. „Ein bisschen soufflieren ist wichtig. Wir machen ein Mittelding.“ Die Frage nach dem Soufflieren, ob überhaupt und wie sehr, habe aber durchaus auch schon zu Wickel mit Hans Figlmüller senior geführt: „Der sagt, es gehört wie früher.“

Im Wesentlichen hält man sich durchaus daran: Der Figlmüller, der in den beiden Stammlokalen geschätzt rund 1000 Schnitzel pro Tag verkauft, lebt nicht zuletzt von seiner Geschichte. Neues gibt es trotzdem – seit zwei Jahren zum Beispiel das vegane Schnitzel. „Das geht gar nicht so schlecht.“ Die vegane Option gibt es freilich nur im Figlmüller in der Bäckerstraße. In der (nunmehr offiziellen) Legende, dem Ur-Figlmüller im Durchgang, besteht das Schnitzel nach wie vor ausschließlich aus Fleisch.

Auf einen Blick

Figlmüller ist bekannt für seine überdimensionalen Schnitzel. Das Lokal blickt auf eine lange Geschichte zurück: 1905 eröffnete Johann Figlmüller ein Weinhaus im zweiten Bezirk, das später in die Wollzeile übersiedelte. Heute führen seine Urenkel Hans und Thomas Figlmüller den Betrieb, der inzwischen auf sieben Standorte angewachsen ist. Jüngster Neuzugang seit einer Woche das Zwischengang am Stephansplatz. 

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