Kanzlergespräch

Karl Nehammer: „Herbert Kickl ist ein Sicherheitsrisiko“

Karl Nehammer (ÖVP) lud am Dienstag wieder zum „Kanzlergespräch“.
Karl Nehammer (ÖVP) lud am Dienstag wieder zum „Kanzlergespräch“.APA/Georg Hochmuth
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Karl Nehammer (ÖVP) richtete am Dienstag eine klare Botschaft an die FPÖ: Eine Koalition gebe es nur ohne Herbert Kickl – und dessen gefährliche „Pferdelogik“.

22 Beschlüsse im Ministerrat, knapp 40 Beschlüsse bei der letzten Parlamentssession und ein „sehr, sehr gutes Klima“: Ginge es nach dem Bundeskanzler, so gibt es derzeit keinerlei Grund, die Zusammenarbeit zwischen Türkis und Grün in Zweifel zu ziehen. Bei seinem inzwischen sechsten „Kanzlergespräch“, das Karl Nehammer (ÖVP) am Dienstag im Kanzleramt vor Journalisten abhielt, versuchte er vielmehr, auf aus seiner Sicht wichtigere Themen zu verweisen.

Nämlich: Die Regierung arbeite. Und: Herbert Kickl sei ein „Sicherheitsrisiko“ für das ganze Land - und auch eines für die FPÖ.

Überdurchschnittlich viele Gesetze

Das dürfte das Innenpolitikklima bei Temperaturen jenseits der 35 Grad vorerst nicht abkühlen - umso mehr angesichts der am Dienstag publizierten Umfrage von Peter Hajek. Die Partei der „Normaldenkenden“, als deren Fürsprecherin sich Niederösterreichs ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner versteht, hat in Niederösterreich seit der Landtagswahl im Jänner einer von der SPÖ beauftragten Erhebung zufolge zehn Prozentpunkte verloren, die FPÖ fast sieben gewonnen. Dass das Vertrauen speziell in Mikl-Leitner angeschlagen ist, zeigte zuletzt schon der Vertrauensindex.

Nehammer, selbst sozialisiert in der Landespartei, versuchte am Dienstag den türkis-grünen Konflikt, der aus dem „Normal“-Anspruch von Mikl-Leitner und der Reaktion von Werner Kogler (Grüne) - er nannte die Denkweise „präfaschistoid“ - zu relativieren: „Ich erspare mir generell Bewertungen meines Koalitionspartners“. Nur so viel: Er habe die Grünen „extrem pragmatisch und lösungsorientiert sowie dogmatisch und ideologisch erlebt.“ Koglers Sager „zähle zur letzten Kategorie“.

Er sprach sich dagegen aus, „über Begrifflichkeiten so viel zu diskutieren“. Auf die Frage, ob man als „Partei für die Normalen“ nicht auch Menschen ausschließe, meinte er: „Abnormal“ finde er es tatsächlich, „dass sich die radikalen Ränder stärken. Man soll Politik für die Vielen machen, dabei auch nicht auf die Wenigen vergessen. Aber man darf die Wenigen nicht zum Maß aller Dinge machen.“

Die Regierung sei „abseits der Emotion“ aber intakt. Das versuchte Nehammer anhand der Gesetzesbeschlüsse zu verdeutlichen (2012: 125, 2022: 259). Damit griff er auf, was auch der Politologe Laurenz Ennser-Jedenastik am Dienstag auf Twitter thematisiert hatte. Es passe nicht „zum Luft-ist-draußen-Narrativ“, schrieb der Politologe, aber die Zahl der Gesetze unter Türkis-Grün sei quantitativ „stark überdurchschnittlich“. Einen hohen Anteil daran haben allerdings die vielen Covid-Gesetze.

Nehammer ruft zum Duell gegen Kickl

Das Luftabwehrsystem Sky Shield nahm inhaltlich den größten Raum des Termins ein. Anders als die FPÖ behaupte, sei ein Beitritt mit der Neutralität vereinbar. Angesichts neuer Bedrohungen (Drohnen, ballistische Raketen) müsse man „wehrhaft neutral“ sein. Eine Neutralitätsdebatte hält Nehammer aber für eine „Elitendiskussion“, da eine Mehrheit der Österreicher neutral bleiben wolle.

Dass die FPÖ zu Sky Shield eine Volksabstimmung fordert, animierte den Kanzler zu einer überraschenden Botschaft: „Herbert Kickl erachte ich inzwischen als Sicherheitsrisiko für dieses Land. Das hat er mehrfach bewiesen.“ In seiner Rolle sei es auch angebracht, das anzusprechen, wenn es um die Sicherheit des Landes gehe. Als Beispiel brachte Nehammer Kickls Zeit als Innenminister, deren Nachwehen nun „in den Folgeverfahren des BVT ans Tageslicht treten“. Da merke man, „welchen Schaden er angerichtet hat.“ Er argumentiere mit einer „Pferdelogik“, womit Nehammer auf die Anschaffung von Polizeipferden unter Kickl sowie dessen Empfehlung des Pferdeentwurmungsmittels Ivomectin in der Corona-Pandemie anspielte. „Das halte ich für mehr als bedenklich und vor allem für gefährlich“.

Mit der FPÖ unter Kickl sei „kein Staat zu machen“, betonte Nehammer. Wobei er eine Koalition nicht ausschloss: Kickl sei nicht synonym mit der FPÖ. Er gehe jedenfalls davon aus, dass Kickl als Vizekanzler nicht zur Verfügung stünde. Das sei aber vorerst ohnehin nicht relevant für ihn, denn: „Ich werde alles tun, dass ich Kanzler werde“.

Abseits der FPÖ und dem Streit in der Koalition verwies Nehammer auch auf einen geplanten „Mikrochip-Gipfel“ am Donnerstag im Kanzleramt. Österreich sei bei der Produktion „Top 4 in Europa“. Ziel sei es, die Rahmenbedingungen für die rund 280 Unternehmen und deren 72.000 Arbeitsplätze zu verbessern, um Abhängigkeiten vom asiatischen Markt zu verringern.

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