Finanzen

Viele Staaten arbeiten an einer Digitalwährung - und die Schwellenländer haben die Nase vorn

Die Europäische Zentralbank (im Bild ihr Hauptquartier in Frankfurt) will im Oktober entscheiden.
Die Europäische Zentralbank (im Bild ihr Hauptquartier in Frankfurt) will im Oktober entscheiden.Kai Pfaffenbach
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Immer mehr Notenbanken bereiten Digitalwährungen vor, wie eine Umfrage der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich zeigt. Was sollen sie bringen? Und warum sind sie umstritten?

Bis zum Ende des Jahrzehnts könnten nach einer Umfrage der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) rund um den Globus etwa zwei Dutzend staatliche Digitalwährungen im Umlauf sein. Dies geht aus einer Erhebung der BIZ unter 86 Zentralbanken von Ende 2022 hervor, die die sogenannte Notenbank der Notenbanken kürzlich veröffentlicht hat. Demnach arbeiteten inzwischen 93 Prozent aller befragten Zentralbanken an Projekten für eine mögliche Einführung von Digitalversionen ihrer Währungen. Die Europäische Zentralbank (EZB) will im Oktober entscheiden, ob sie mit ihrem Projekt eines Digital-Euro in eine Vorbereitungsphase geht. Diese soll dann zwei bis drei Jahre dauern. Damit könnte ein digitaler Euro dann etwa in drei bis vier Jahren in Umlauf gebracht werden. Dabei würde es sich anders als bei Bankguthaben nicht nur um Forderungen an eine Bank handeln, sondern um Geld, das einem tatsächlich gehört.

Währungshüter weltweit reagieren damit auf die zunehmende Konkurrenz im digitalen Zahlungsverkehr durch Unternehmen wie Paypal oder Apple Pay und den Vormarsch von Kryptodevisen wie Bitcoin und Ethereum. Mit der Ausgabe von digitalem Zentralbankgeld (CBDC) wollen sie vermeiden, dass angesichts des zunehmenden Rückgangs des Bargelds der digitale Zahlungsverkehr ganz dem privaten Sektor überlassen wird. Der Inselstaat Bahamas war 2020 weltweit das erste Land, das mit dem „Sand Dollar“ offiziell eine Digitalversion seiner Währung einführte. In der östlichen Karibik – dazu zählen Antigua und Barbuda sowie Grenada –, in Nigeria und in Jamaika sind inzwischen weitere Digitalwährungen in Umlauf gebracht worden.

Schwellenländer liegen vorn

Die meisten neuen Digitalwährungen sollen der BIZ-Umfrage zufolge allen Bürgern in den jeweiligen Währungsräumen zugutekommen. In der Fachwelt wird in diesem Zusammenhang von „Retail CBDC“ gesprochen. Zu den oben genannten vier bereits existierenden Digitalwährungen könnten laut BIZ-Umfrage bis 2030 weitere elf hinzukommen. Darüber hinaus könnten bis dahin auch neun Digitalwährungen in Umlauf gebracht werden, die speziell für den Interbanken-Zahlungsverkehr entwickelt werden. Diese Form digitalen Zentralbankgelds wird häufig als „Wholesale CBDC“ bezeichnet.

Der Erhebung zufolge sind Schwellenländer in ihren Digitalwährungsprojekten weiter fortgeschritten als die Industriestaaten – sowohl bei digitalem Zentralbankgeld für alle als auch bei digitalem Zentralbankgeld für den Interbanken-Zahlungsverkehr.

Staatliche Digitalwährungen sind umstritten. Kritiker fürchten, dass die Projekte Überwachung erleichtern oder die Einführung von Negativzinsen ermöglichen könnten. Digitale Zentralbankwährungen könnten Regierungen auch die Möglichkeit bieten, Zahlungen an Bedingungen zu knüpfen oder mit einem zeitlichen Limit zu versehen. Die Notenbanken betonen aber meistens, der Schutz der Privatsphäre müsse jedenfalls gewährt werden. (Reuters/red.)

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