Wissenschaft

Faßmanns Hilferuf: Der Forschung fehlen 500 Millionen

Der Präsident der Akademie der Wissenschaften appelliert an die Politik, die Budgets zu erhöhen.
Der Präsident der Akademie der Wissenschaften appelliert an die Politik, die Budgets zu erhöhen.Jana Madzigon
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Es bestehe die Gefahr, dass einige Hundert Forschungsprojekte im Jahr nicht mehr gemacht werden können, sagt der Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Erfolgreiche Forschungsansätze zu Klimawandel, Krebs oder Quantenphysik seien gefährdet.

Zellkulturen haben es gern kalt. Wer mit ihnen forscht, tut gut daran, sie gekühlt aufzubewahren. Auch Hochleistungsrechner brauchen Kühlung und die Quantenphysik, die funktioniert nun einmal nicht ohne Strom. Mit anderen Worten: Die Forschung in Österreich leidet unter den gestiegenen Energiekosten.

Auch davon abgesehen habe die hohe Inflation dazu geführt, dass das im Oktober 2022 beschlossene Budget für die außeruniversitäre Forschung (fünf Milliarden von 2024 bis 2026) nicht ausreichen wird. Das erklärten am Freitag der Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), Heinz Faßmann, und Henrietta Egerth, Geschäftsführerin der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG).

Eigentlich habe man sich über das Ergebnis der Budgetverhandlungen im Oktober gefreut, sagt Faßmann. Dann aber habe sich herausgestellt, dass auch die Wirtschaftsforscher unterschätzt hatten, wie zäh und hartnäckig die Inflation ist. Laut Faßmann und Egerth macht das nun einen Nachtrag im Budgetgesetz nötig. 250 Millionen mehr brauche die Grundlagenforschung, noch einmal so viel die angewandte Forschung.

Und wenn es dieses Geld nicht gibt? Immerhin ist die Forschung nicht der einzige Bereich, dem aktuell das Geld ausgeht. „Dann wird es ernste Probleme geben“, sagt Faßmann. Erfolgreiche Forschungsansätze, etwa zu den molekularbiologischen Mechanismen von Krebs, zur Bewältigung des Klimawandels oder zur Entwicklung leistungsstarker Quantencomputer seien gefährdet. „Wir müssten den Weg in Richtung Spitze verlassen und uns mit dem Mittelmaß zufriedengeben.“

Verstehen würde man das in der ÖAW auch im Hinblick auf die Verleihung des Nobelpreises an den österreichischen Quantenphysiker Anton Zeilinger nicht. „Es kann nicht sein, dass wir am Sonntag den Nobelpreis feiern und am Montag die budgetären Möglichkeiten für die Spitzenforschung beschneiden“, sagt Faßmann.

Auch den Wohlstand des Landes sehen er und Egerth gefährdet, wenn die zuständigen Ministerien (Finanz, Wissenschaft, Wirtschaft und Klima) das Budget für die Forschung nicht erhöhen. Warum? Ein Drittel der Forschungsgelder, die in Österreich investiert werden, käme aus der öffentlichen Hand. „Aber jeder Forschungseuro wird von der Wirtschaft sechsfach gehebelt. Diesen Hebel dürfen wir nicht verlieren“, sagt Egerth. Sonst würden auch in den Unternehmen einige Hundert Forschungsprojekte im Jahr nicht mehr stattfinden können. Und darunter wiederum leide dann der Wirtschaftsstandort.

Vorgefühlt hat der ÖAW-Präsident – er war selbst von 2020 bis 2021 Wissenschaftsminister unter Kanzler Sebastian Kurz – bereits in seinem ehemaligen Ministerium. Da zeige man für die Probleme der Forschung derweil jedenfalls „Verständnis“. Faßmanns Appell an die Politik: „Man darf die längerfristige Perspektive für die Republik nicht aus den Augen verlieren.“ Manchmal nämlich werde das vergessen – „vor lauter Löschen von innenpolitischen Bränden“.

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