Obdachlose

Wiens neue Obdachlose: Welche Probleme stecken dahinter?

Steigende Wohnungs- und Energiekosten bringen Menschen auch in Wien finanziell so unter Druck, dass sie auf der Straße landen.
Steigende Wohnungs- und Energiekosten bringen Menschen auch in Wien finanziell so unter Druck, dass sie auf der Straße landen. Picturedesk.com/Roland Schlager
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Diesen Sommer fallen in Wien wieder zunehmend Menschen auf, die im Freien nächtigen. Woran es liegt, dass sich vermehrt Obdachlose auf Wiens Straßen aufhalten, wer diese Menschen sind und welche Notmaßnahmen helfen können.

Freiwillig schläft so niemand. Es ist heiß, auch spätabends noch, es ist hell, laut, die Leute, die aus Lokalen kommen, gehen dicht an diesem Mann vorbei. Zum Schutz hat er sich etwas über den Kopf gezogen, nur die wunden Beine schauen hervor. Einzige Unterlage, auf der er sich hier, nahe der Kreuzung zur Kaiserstraße in einer Einfahrt auf der Mariahilfer Straße schlafen gelegt hat, ist ein zerknüllter Schlafsack. Auch auf einer Bank vor dem Lokal gegenüber liegt jemand, beim nahen Westbahnhof ebenso: auf dem Grünstreifen hin zum Urban-Loritz-Platz, am Europaplatz. Dort, wo gerade Sanitäter eine sichtlich beeinträchtigte Frau zum Rettungsauto führen. Den Mann daneben, auch bei ihm schauen nur Beine hervor, lassen sie nach kurzer Ansprache schlafen.

Szenen, die zum Leben der Stadt gehören? Oder ein Skandal? Seit Wochen sorgt das Thema um Mariahilfer Straße, Westbahnhof, Gumpendorfer Straße für Debatten. Welche Probleme stecken dahinter? Und kann man sie lösen?

Bei Markus Reiter ist das Thema vor ein paar Wochen aufgeschlagen. An ihn, den Bezirksvorsteher (Grüne) von Neubau wurde das auch von Anrainern herangetragen. Nicht als Beschwerde, „im Sinn von: ,Kann man nicht helfen?‘ Wir sehen auf der Mariahilfer Straße, das ist mein Eindruck, saisonal ein strukturelles Thema, sichtbare Obdachlosigkeit, wie es das auch vor der Pandemie gab“, sagt Reiter, der vor dem Wechsel in die Politik lange in der Obdachlosenhilfe gearbeitet und das Neunerhaus mitbegründet hat. „Während der Pandemie war es nicht so einfach, im öffentlichen Raum zu nächtigen, auch die Notschlafplätze im Sommer waren mehr. Aber man muss das in Relation setzen: Wir haben auf der Mariahilfer Straße bis zu 70.000 Passanten am Tag, dem gegenüber vielleicht zwei Dutzend Nächtiger:innen.“

Trotzdem, er sieht Handlungsbedarf. „Niemand negiert das. Es ist nicht zu akzeptieren, dass Menschen auf der Straße schlafen, dass es diese Art Leid gibt.“ Reiter hat mit dem Bezirk Mariahilf, der Wohnungslosenhilfe, Sucht- und Drogenkoordination, eine Begehung organisiert, bei der man dann den nicht amtsführenden Stadtrat und Stadtparteichef Karl Mahrer (ÖVP) traf, der sich gerade filmen ließ, wie er wegen eines schlafenden Mannes die Polizei rief. Das schlug Wellen.

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