Bilanz

Erste Group profitiert von Zinsen

Der Vertrag von Vorstandschef Willibald Cernko läuft noch bis Ende 2024. Im vierten Quartal 2023 soll eine Entscheidung bezüglich der Nachfolge fallen.
Der Vertrag von Vorstandschef Willibald Cernko läuft noch bis Ende 2024. Im vierten Quartal 2023 soll eine Entscheidung bezüglich der Nachfolge fallen. APA / Roland Schlager
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Steigende Zinsen, Zugewinne beim Handelsergebnis und ein höheres Kreditvolumen sorgten bei der Erste Group für eine Zunahme beim Gewinn. Die Nachfrage nach Krediten bleibt aber verhalten.

Wien. Die Vorstandsmitglieder der Erste Group blicken derzeit oft nach Tschechien. Einerseits hat das börsennotierte Unternehmen das Geschäft vor Ort mit einem Zukauf verstärkt: die tschechische Tochter Ceska Sporitelna hat sich mit BNP Paribas auf den Kauf ihres Kreditportfolios in Tschechien geeinigt, wie am Montag bekanntgegeben wurde. Nun muss der Zukauf nur noch von den Behörden genehmigt werden.

Und andererseits aufgrund der Regulierung der Wohnbaukredite durch die Nationalbank des Landes. Als „klugen Move“ bezeichnete Erste Group CEO Willibald Cernko am Montag bei der Präsentation der Halbjahreszahlen die Vorgehensweise und wünscht sich eine ebensolche auch für Österreich. Hierzulande wird heftig über die KIM-Verordnung diskutiert, seit mit vergangenem August die Regeln für die Ausgabe von Wohnbaukrediten verschärft wurden. Die tschechische Nationalbank hat mit Juli 2023 die Schuldendienstquote für Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer aufgehoben und auf eine Gesamtverschuldungsquote der Haushalte umgestellt. Auch in Österreich stellt die Schuldendienstquote, die nun maximal 40 Prozent des Haushaltseinkommens ausmachen darf, die höchste Hürde dar.

In Tschechien lag diese Quote vor ihrer Abschaffung bei 45 Prozent und bei Kreditnehmern unter 36 Jahren gar bei 50 Prozent. Im Herbst wird eine neue Diskussionsrunde eröffnet, in der neben Cernko auch das Finanzmarktstabilitätsgremium und damit Experten aus dem Finanzministerium, der Finanzmarktaufsicht und der Nationalbank vertreten sein werden.

Gewinn durch hohe Zinsen

Durch das gestiegene Zinsumfeld seien die notwendigen Gründe für die Verschärfung weggefallen, sagt Cernko. Von diesem Zinsumfeld profitiert auch die Erste Group: Unterm Strich standen 1,5 Milliarden Euro und damit 31 Prozent mehr Gewinn als in der Vorjahresperiode. Hauptgrund dafür waren neben den gestiegenen Zinsen, Zugewinne beim Handelsergebnis und ein höheres Kreditvolumen. Das Kundenkreditvolumen stieg im ersten Halbjahr um 1,4 Prozent auf 204,9 Milliarden Euro an.
Die Dynamik im Kreditgeschäft ließ im Vergleich zum Vorjahr aber nach, bei den Unternehmenskunden sei derzeit eine schwächere Nachfrage nach Krediten spürbar, sagte Firmenkundenvorstand Ingo Bleier. Am Angebot liege es aber nicht, man habe die Zügel bei der Kreditvergabe nicht stärker angezogen, so Bleier. Eher sei die schwache Nachfrage der konjunkturellen Entwicklung geschuldet, die Zahlen seien ein Spiegel der Wirtschaft. Sofern die Konjunktur im kommenden Jahr aber wieder anziehe – wovon die Ökonomen der Erste Group für Kernmärkte der Bank ausgehen – sei auch wieder mit einer zunehmenden Kreditnachfrage zu rechnen. Für 2023 erwartet die Bank für ihre Kernregion im Schnitt ein Wachstum von einem Prozent, 2024 sieht die BIP-Prognose für die Kernmärkte mit plus 2,9 Prozent wieder rosiger aus.

Geringes Neugeschäft

Bei den Wohnkrediten wuchs das Bestandsvolumen indessen um 5,2 Prozent (auf 73,2 Milliarden Euro) zum Halbjahr des Vorjahres, das Neugeschäft blieb jedoch mit 1,7 Milliarden Euro im ersten und zwei Milliarden Euro im zweiten Quartal im Vergleich zu den Wachstumsraten im Jahr 2022 „bescheiden“, sagte Cernko.

Das Neugeschäftsvolumen verzeichnete wiederum einen Einbruch um 60 Prozent – ebenfalls im Vergleich zum zweiten Quartal 2022. Dennoch gingen die Volumina bei den Immobilien-Krediten insgesamt nicht zurück. Das sei vor allem auf die Tatsache zurückzuführen, dass viele Kundinnen und Kunden, die einen Wohnkredit bei der Erste Group haben, auf Anraten einen fixen Zinssatz gewählt hätten. Diese Kunden seien von den aktuellen Zinserhöhungen daher nicht betroffen.

Auf einen Blick

Stresstest. Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde und die EZB, in Kooperation mit nationalen Aufsichtsbehörden, haben 111 europäische Banken einem Stresstest unterzogen. Die sechs teilnehmenden Banken aus Österreich, darunter die Erste Group, zeigten sich widerstandsfähig. Alle heimischen Banken erfüllten im Stress-Szenario die gesetzlichen Kapitalanforderungen.

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