Bankreform: Europa beschneidet Banker-Boni

Bankreform Europa beschneidet BankerBoni
Bankreform Europa beschneidet BankerBoni(c) Reuters (PAUL HACKETT)
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EU-Parlament und Mitgliedsländer der Union einigen sich auf Obergrenzen für Boni in der Finanzbranche: Beim Zweifachen des Jahresgehalts ist fortan Schluss.

Brüssel. Es ist ein großer Aufwand, der für eine vergleichsweise kleine Gruppe veranstaltet wurde – wobei man selbst über die genaue Zahl der Adressaten im Dunkeln tappt. Dass es die obersten Finanzmanager (bzw. ihre Gehaltszettel) dennoch auf die europäische Agenda geschafft haben, haben die Bankangestellten den diversen Finanz- und Schuldenkrisen zu verdanken, die seit 2008 durch Europa rollen – und für die laut Volkes Stimme gierige Banker und ihre milliardenschweren Bonifikationen hauptverantwortlich sind.

Nach der Vorstellung des Europaparlaments soll damit ab dem kommenden Jahr Schluss sein: In der Nacht auf Donnerstag einigten sich die Abgeordneten mit den EU-Mitgliedsländern auf verbindliche Obergrenzen für Bonuszahlungen in der Union. Demnach soll ein Bonus im Regelfall das Jahresgehalt nicht übersteigen dürfen. Sollten die Eigentümer des Instituts grünes Licht geben, kann die Sonderzahlung auf das Zweifache des Jahressalärs angehoben werden – damit diese 1:2-Regel zum Einsatz kommt, bedarf es aber der Zustimmung von 60Prozent der Eigentümer bei einem Quorum von mindestens 50Prozent der Anteile. Die Hürde ist also hoch. Die Regel soll für alle innerhalb der EU tätigen Banken gelten – sowie für Offshore-Töchter europäischer Institute.

Wenige betroffen

Aller Aufregung zum Trotz dürfte die Zahl der Betroffenen überschaubar sein. In Frankreich erhalten geschätzte 9000 Bankmanager Boni – die Mehrzahl davon liegt unter dem neuen Limit. Bei der deutschen Commerzbank sollen dem Vernehmen nach in etwa 50 Personen von der Regelung betroffen sein, bei der Deutschen Bank, die am internationalen Finanzmarkt aktiver ist, müssen demnach rund 500 Beschäftigte mit Kürzungen rechnen.

Deutlich mehr Betroffene gibt es in der Londoner City, dem größten europäischen Finanzplatz. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass sich die britische Regierung mit Zähnen und Klauen gegen eine Deckelung der Bonifikationen gewehrt hat. Ihre Gegenargumente: Strikte Limits würden zur Abwanderung der klügsten Köpfe nach Nordamerika und Asien führen bzw. die Fixgehälter ins Unermessliche steigen lassen, womit niemandem geholfen wäre.

Dem britischen Wunsch nach Ausnahmeregelungen – etwa für die Übersee-Töchter der Banken – kamen die Parlamentarier nicht nach. De facto konnte London nur ein kleines Zugeständnis erringen: Werden die Bonuszahlungen aufgeschoben (etwa durch Wandelanleihen mit mehrjähriger Laufzeit, die notfalls der Refinanzierung des Instituts zum Opfer fallen), können sie über der 1:2-Regel liegen – die genaue Höhe wird mittels einer Formel errechnet, sie werde aber auf jeden Fall unter dem dreifachen Jahresgehalt liegen, hieß es gestern.

Briten hatten schwächere Karten

Die Briten hatten bei der Auseinandersetzung aus zwei Gründen die schwächeren Karten: Erstens unterliegt dieses Thema im Gremium der EU-Minister nicht dem Prinzip der Einstimmigkeit – ein Veto war somit keine Option. Und selbst traditionelle Verbündete Großbritanniens wie Schweden oder die Niederlande hatten im Vorfeld signalisiert, dass sie ihr politisches Kapital nicht für den Schutz der Gehälter in der Finanzbranche einsetzen wollen. Laut Othmar Karas (ÖVP), der im Namen des Parlaments die Verhandlungen geführt hat, gibt es nun kein Risiko mehr, dass die EU-Finanzminister bei ihrem Treffen am kommenden Dienstag das Paket noch aufschnüren könnten.

Grund Nummer zwei: Die EU-Abgeordneten hatten ihre Verhandlungsposition gestärkt, indem sie die Causa Bankerboni mit ihrer Zustimmung zu den neuen Kapitalvorgaben für Banken (BaselIII) verknüpften. Das Reformpaket ist wichtiger Baustein für die Neuordnung der Finanzbranche und soll ab 2014 die Stabilität der Institute schrittweise erhöhen. Vorgesehen ist unter anderem ein sukzessives Anheben der „harten“ (also als besonders sicher geltenden) Kernkapitalquote von derzeit 2,0 auf 4,5 Prozent. Auch müssen die Banken fortan sicherstellen, dass sie im Krisenfall 30 Tage lang liquide bleiben (d.h. allen finanziellen Verpflichtungen nachkommen) können.

Punkto Bankenregulierung konnte das Parlament einen weiteren Sieg erringen: Wie von den Abgeordneten gewünscht, sollen alle Institute ab 2014 in Brüssel ihre Umsätze, Gewinne und Steuerlasten nach Ländern aufgeschlüsselt offenlegen. Ab 2015 sollen die Zahlen der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2013)

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