Der Sprecher der in der Votivkirche befindlichen Asylwerber, der Donnerstagabend festgenommen wurde, befindet sich bereits in Schubhaft.
Wien. Seit 18. Dezember hält sich eine Gruppe von etwa 40 Asylwerbern durchgehend in der Votivkirche auf – Donnerstagabend wurde, wie berichtet, einer ihrer Sprecher, der 33-jährige Pakistani Shahjahan Khan, im Park vor der Kirche von der Fremdenpolizei festgenommen. Am Freitag lag bereits ein Schubhaftbescheid gegen den Mann vor. Wie lange Khan nun in Gewahrsam bleibt, ist noch offen.
War die Festnahme eine gezielte Polizeiaktion, um die Position der in der Kirche ausharrenden Menschen zu schwächen? War es gar politisches Kalkül? Oder war die Polizeikontrolle, die zur Festnahme geführt hatte, reine „Routine“, wie der Sprecher der Wiener Polizei, Roman Hahslinger, am Freitag erklärte?
Natürlich war die Fremdenpolizei nicht nur zufällig im Bereich um die Kirche unterwegs. Im Innenressort wurde am Freitag immerhin darauf verwiesen, dass es doch „geboten“ sei, fremdenpolizeiliche Maßnahmen zu setzen. Hahslinger gestand zu, dass es zuletzt mehrfach Streifen im Areal um die Kirche gegeben habe. Im Votiv-Park seien immer wieder Menschen ohne Aufenthaltsbewilligung aufgegriffen worden. So seien auch am Donnerstagabend neun Personen kontrolliert worden. Außer der Festnahme des Sprechers habe es drei weitere Anzeigen gegeben. Der Geschäftsführer der Caritas Wien, Klaus Schwertner, wird auf „Presse“-Anfrage deutlicher: Im Umfeld der Kirche hätten in den vergangenen Tagen „zivile Fremdenpolizisten ihre Präsenz deutlich verstärkt“.
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (V) wiederum verteidigte auf Anfrage der Austria Presseagentur die jüngste Amtshandlung. Politisch motiviert sei diese jedenfalls nicht gewesen. „Wir haben von der ersten Minute an mit viel Fairness Gespräche geführt und gesagt, dass wir uns jedem Einzelschicksal widmen. Aber wir haben auch klar signalisiert, dass es keine strukturellen Änderungen im Asylwesen und kein Bleiberecht für alle geben wird.“
Der nun in Schubhaft befindliche Asylwerber-Sprecher ist übrigens nicht der Einzige, der zuletzt in Gewahrsam genommen wurde. Erst vor einer Woche hatte es im Umfeld der Kirche eine Festnahme gegeben. Mitte Jänner waren sechs Personen festgenommen worden. Von denen sind zwei mittlerweile nach Ungarn überstellt worden.
Frage der Auslieferung ungeklärt
Die nun noch in der Kirche befindlichen Menschen haben nicht unbedingt gute Chancen auf einen Status als anerkannte Flüchtlinge. Bei einem Drittel liege, laut Innenressort, bereits ein rechtskräftiger negativer Asylbescheid vor. So auch bei Shahjahan Khan. Ob es in seinem Fall aus formalen Gründen zu einer Wiedereinsetzung des Verfahrens kommen kann, wird gerade von seiner Rechtsvertreterin Nadja Lorenz geprüft.
Mit dem Schubhaftbescheid befinde sich die Behörde „auf sehr dünnem Eis“, meint Caritas-Geschäftsführer Schwertner. Die Begründung des Bescheides sei zu hinterfragen. Ob Khan nach Pakistan ausgeliefert werden kann, dürfte letztlich von der Entscheidung der pakistanischen Botschaft abhängen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2013)