„Die Länder lassen sich ihre Autonomie nicht anknacksen“

Josef Pühringer
Josef PühringerAPA/HERBERT NEUBAUER
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Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer über die mögliche Steuerhoheit der Länder, die Machtposition der Landeschefs und die Vorteile einer Verwaltungsreform in überschaubaren kleinen Schritten.

Die Presse: Herr Landeshauptmann, man hat manchmal den Eindruck, dass die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern sehr einfach aufgeteilt sind: Der Bund zahlt, die Länder geben aus.

Josef Pühringer: Die Anschauung, die aus dieser Fragestellung spricht, ist falsch. Der Bund zahlt gar nichts, die Steuerzahler zahlen. Es gibt gemeinsames Steuergeld und das wird nach einem bestimmten Schlüssel aufgeteilt. Außerdem: Für jeden Schritt, den die Bundespolitik setzt und der von den Bürgern nicht akzeptiert wird, holt sich der die Watschen ab, der näher beim Bürger ist. Zu sagen, der arme Bund und die glücklichen Länder ist also eine sehr verkürzte Sichtweise.

Dann wäre es ja schlüssig, wenn die Länder ihre Steuern gleich selbst einheben.

Ich würde mich davor nicht fürchten, sage aber gleich, dass die derzeit diskutierten Modelle nicht sinnvoll sind. Nur die eine oder andere Steuer beim Land anzusiedeln bringt nichts als eine gewaltige Aufblähung des Verwaltungsapparats. Wenn man wirklich einen Wettbewerb über die Steuer will, dann muss man nach dem Modell Schweiz die Steuerhoheit komplett an die Länder abtreten.

Wofür plädieren Sie?

Ich glaube, dass der einheitliche Steuerraum sinnvoll ist. Sonst zahlt der Unternehmer in Mondsee andere Steuern als im wenige Kilometer entfernten Thalgau. Und der Konsument hat in Enns einen anderen Mehrwertsteuersatz als in Ennsdorf. Das bringt nichts als eine Wahnsinnsbürokratie, sagen mir Experten. Aber noch einmal: Ich fürchte mich nicht vor der Steuerhoheit. Und wenn sich herausstellen sollte, dass der Wettbewerb der Regionen über Steuern sinnvoll ist, dann hat das meine Zustimmung.

Zurück zu den realen Machtstrukturen: Machen sagen, die Länder halten sich eine Bundesregierung.

Das stimmt im Kern nicht. Ich bestreite aber nicht, dass die Landeshauptleute ein großer politischer Machtfaktor sind, wenn sie zugleich ihre Landesparteien führen. Wenn es ein Bundesparteiobmann versteht, die Länderchefs einzubinden, dann kann er von denen viel haben. Aber natürlich ist jedem das Hemd näher als der Rock und niemand lässt sich gern in eine Landtagswahl durch unvorteilhafte Bundesbeschlüsse hineinpfuschen.

Die Finanzministerin hat sich beispielsweise mit ihrem Wunsch nach einer einheitlichen Finanzgebarung nicht durchgesetzt.

Gegen eine einheitliche Finanzgebarung aller Gebietskörperschaften ist nichts einzuwenden, das ist sinnvoll. Es muss aber einen entsprechenden Übergangszeitraum geben, und der Bund muss das Einvernehmen mit den Ländern herstellen.

Theoretisch könnte Frau Fekter auch „drüberfahren“, oder nicht?

Der Bund kann natürlich einheitliche Richtlinien vorgeben. Derzeit ist die Rechtslage aber so, dass die Länder eine gewisse Selbstständigkeit haben. Da geht es um die Frage, ob sich die Länder ihre Finanzautonomie vom Bund anknacksen lassen. Aber ich bin überzeugt, man wird eine Lösung finden, wenn der Bund bereit ist, Einvernehmen mit den Ländern herzustellen und nicht ohne Zustimmung der Länder in die Strukturen der Landesbudgets eingreift. Es kann sich ja kein Land leisten, dort Widerstand zu leisten, wo es um Transparenz und Vergleichbarkeit der Finanzen geht.

Beim Spekulationsverbot in der Verfassung ist von Einvernehmen aber noch keine Spur zu sehen.

Da reklamiert die Opposition noch eigene Ideen hinein und das Finanzministerium versucht, über das Vereinbarte hinaus in die Länder hineinzuregieren. An sich reicht die 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern aus, um Spekulationen zu verhindern. Mit einer Verfassungsbestimmung wäre die Symbolik aber stärker. Das ist genau genommen aber nicht mein Thema, weil das Land Oberösterreich weder spekuliert hat noch in Fremdwährung gegangen ist.

Hat es diese Versuchung nicht gegeben?

Die Versuchung schon. Kreative Finanzpolitik war damals ja sehr verbreitet. Auch mir hat man einiges angeboten, die Angebote haben mich aber skeptisch gemacht. Es geht ja um Steuergeld.

Bei der großen Staatsreform geht wenig weiter, sagen Experten. Sind da die Länder schuld?

Es ist ja einiges weitergegangen. Wir haben die Landesverwaltungsgerichte, den Stabilitätspakt, das Bundesamt für Asyl. Ich halte viel davon, Verwaltungsreformen in Teilbereichen zu machen und nicht auf den großen Wurf zu warten, der nie kommt. Einfach ist das ja nicht: Alle wollen Einsparungen. Aber wenn es dann konkret wird, wie etwa bei der Auflösung von Bezirksgerichten, gibt es Widerstände.

Ihr oberösterreichischer Parteikollege Christoph Leitl beziffert das mögliche Einsparungsvolumen mit mehreren Milliarden Euro.

Ich bin mit meinem Freund Leitl in vielen Punkten einer Meinung, aber bei seinen Berechnungen über die Erträge einer Verwaltungsreform komme ich nicht mit. Außer im Gesundheitsbereich, da geht es schon um sehr hohe Beträge.

Aber es gibt schon noch einiges zu optimieren, oder?

Ich bin für ein striktes Benchmarking. Wenn wir Benchmarks haben – beispielsweise bei so und so vielen Einwohnern darf ein Bezirk so und so hohe Verwaltungskosten verursachen – dann kommen wir mit den Verwaltungskosten automatisch herunter. Da müssen wir dann nicht krampfhaft von oben herab Institutionen umorganisieren.

Man könnte zum Beispiel fragen, wozu wir im kleinen Österreich neun Bauordnungen brauchen.

Es gibt schon gute Gründe, wieso wir in Österreich manches einheitlich und manches differenziert machen. Oberösterreich hat die großzügigste Bauordnung mit der geringsten Bürokratie. Bei uns wird ganz wenig bauverhandelt. Wenn eine einheitliche Bundesbauordnung kommt, bringt sie für uns sicher eine Verschlechterung im Sinn von mehr Bürokratie.

Zur Person

Dr. Josef Pühringer (63) ist seit März 1995 Landeshauptmann von Oberösterreich und damit einer der dienstältesten Landeschefs Österreichs. Der Jurist, der während des Studiums als Religionslehrer arbeitete, begann seine politische Karriere 1973 als ÖVP-Stadtrat in Traun. Seit 2003 führt Pühringer eine schwarz-grüne Landesregierung. Zuletzt wurde er 2009 von allen im Landtag vertretenen Parteien einstimmig zum Landeshauptmann gewählt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2013)

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