Ein Stromausfall legte die Kühlsysteme der Abklingbecken lahm. Möglicherweise nagte eine Ratte an den Leitungen.
Ein Stromausfall im havarierten Atomkraftwerk Fukushima hat auf einen Schlag mehrere Kühlsysteme für Abklingbecken abgebrannter Brennstäbe lahmgelegt. Größte Sorge bereitete das Becken des Reaktors 4, das sich provisorisch abgedeckt in rund 30 Metern Höhe des beschädigten Reaktorgebäudes befindet. Bis Mittwochfrüh sind alle System wieder repariert worden, meldete Betreiber Tepco.
Eine Ratte hatte möglicherweise den Stromausfall ausgelöst. An der betroffenen provisorischen Schaltanlage seien Brandspuren und in der Nähe ein totes Tier gefunden worden, das wie eine Ratte aussehe, berichtete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo am Mittwoch unter Berufung auf den Betreiberkonzern Tepco.
Alles wieder in Betrieb
Als letztes sei in der Nacht zum Mittwoch die Kühlung für das Hauptbecken wieder in Betrieb gegangen, teilte der Betreiber Tepco mit. Die Kühlsysteme für die Abklingbecken in den zerstörten Reaktoren konnten laut Tepco schon vorher wieder ans Laufen gebracht werden.
Allein in diesem Abklingbecken liegen noch immer mehr als 1500 Brennstäbe - mehr als in den anderen Becken. Ohne ständige Kühlung können die Stäbe so heiß werden, dass sie schmelzen. Kritiker warnen seit langem vor einer noch viel größeren Katastrophe, sollten die Brennstäbe im Becken des Reaktors 4 schwer beschädigt werden.
Reaktor 4 am Gefährlichsten
Tepco versucht daher, die Temperatur konstant unter 65 Grad zu halten. Da eine Erhitzung im Becken des Reaktors 4 wegen der hohen Zahl der darin liegenden Brennstäbe besonders schnell passieren kann, legten die Reparaturtrupps bei der Instandsetzung der Kühlung höchste Priorität auf dieses Becken.
Den Arbeitern gelang es laut Tepco bereits am späten Dienstagnachmittag (Ortszeit), die Kühlung des Beckens wieder instand zu setzen. Falls das Wasser in den betroffenen Becken zu verdampfen begonnen hätte, sei man jedoch darauf vorbereitet gewesen, Wasser zur Kühlung in die Abklingbecken zu führen, ließ Tepco wissen.
Die Zufuhr von Wasser zur Kühlung der beschädigten Reaktoren Nummer 1 bis 3 sei nicht beeinträchtigt worden. In diesen Reaktoren war es in Folge des Erdbebens und Tsunamis vom 11. März 2011 zu Kernschmelzen gekommen. Bis zum Dienstagabend Ortszeit konnten Reparaturtrupps die Kühlung der Abklingbecken bereits teils wieder in Gang setzen.
Fehler an einer Schaltanlage
Als Ursache für den Stromausfall vom Vorabend wird ein Problem an einer Behelfs-Schaltanlage vermutet, berichteten Medien weiter. Insgesamt seien durch den Stromausfall neun Anlagen in der Atomruine betroffen, so Tepco. Die Regierung hatte Ende vergangenen Jahres der Öffentlichkeit versichert, das havarierte Atomkraftwerk sei unter Kontrolle. Kritiker bezweifeln dies jedoch.
Tepco hat nach eigenen Angaben mehrere Tage Zeit, um den Stromausfall zu beheben. Im Reaktor 4 werde es rund vier Tage dauern, bis die Temperatur des Abklingbeckens den Grenzwert erreicht habe, in den Reaktoren 1 und 3 werde die Temperatur erst in 14 und 26 Tagen auf die kritische Höhe von 65 Grad Celsius angestiegen sein. "Auch wenn noch genügend Zeit für das Hochfahren der Kühlsysteme bleibt, zeigt dieser Ausfall doch, wie verwundbar der gesamte nukleare Kreislauf ist. Und vor allem zeigt es, dass Tepco das Akw Fukushima, den Ort der Katastrophe, nach wie vor nicht unter Kontrolle hat", kritisierte Julia Kerschbaumsteiner, Atomsprecherin bei Greenpeace, in einer Aussendung die derzeitige Situation nach einem Gespräch mit den Greenpeace-Mitarbeitern in Japan.
Rückbau dauert 40 Jahre
Der Rückbau der Atomruine wird Experten zufolge voraussichtlich etwa 40 Jahre dauern. Derweil hat der neue Regierungschef Shinzo Abe erklärt, die seit Fukushima landesweit zu Inspektionsarbeiten heruntergefahrenen Meiler in Japan nach bestandenen Sicherheitsprüfungen wieder hochfahren zu wollen. Derzeit sind in Japan nur zwei der 50 Reaktoren am Netz.
Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA ist von den japanischen Behörden über die ausgefallenen Kühlsysteme im havarierten Atomkraftwerk Fukushima informiert worden. Das Zentrum der Behörde für nukleare Unfälle und Zwischenfälle stehe in Kontakt mit den Verantwortlichen, arbeite aber nicht in erhöhter Alarmbereitschaft, teilte die UN-Behörde auf Nachfrage am Dienstag in Wien mit.
(APA/dpa)