Der Mitbegründer der "Freien Syrischen Armee", Riad al-Asaad, wurde schwer verletzt. Der Oppositionschef im Ausland, al-Khatib, trat zurück.
Kairo/Damaskus. Die syrische Opposition steht vor der totalen Zerrüttung. Nach dem überraschenden Rücktritt von Ahmed Moaz al-Khatib als Chef der „Nationalen Koalition“ herrschen unter den Assad-Gegnern Chaos und Streit.
Die Zweifel an ihrer Politikfähigkeit wachsen – und das zu einem Zeitpunkt, zu dem Frankreich und Großbritannien als erste europäische Staaten offen für Waffenlieferungen an die Rebellen plädieren. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius appellierte an die syrischen Regimegegner, Einigkeit zu wahren und nicht in Extremismus abzugleiten.
Und die syrische Opposition musste am Montag noch einen anderen schweren Schlag einstecken: Dem Regime in Damaskus gelang es offenbar, den Mitbegründer der „Freien Syrischen Armee“ (FSA), Riad al-Asaad, durch ein Attentat schwer zu verletzen. Nach Angaben aus Ankara wurde dem abtrünnigen Offizier bei dem Anschlag in al-Majadin im Osten Syriens ein Bein abgerissen. Er sei über die Grenze in ein türkisches Krankenhaus gebracht worden.
Granatenangriff in Damaskus
Die Aufständischen versuchten unterdessen, in der Hauptstadt Damaskus den Druck auf das Regime des Machthabers Bashar al-Assad zu erhöhen. Sie beschossen das Zentrum von Damaskus mit Dutzenden Granaten. Der staatliche Rundfunk meldete, Dutzende Menschen seien durch die Geschosse in der Nähe der Oper, direkt gegenüber der Zentrale von Assads Baath-Partei getötet worden. Das syrische Militär feuerte mit Artillerie zurück. Am Montag warfen die Rebellen dem Regime erneut vor, auch chemische Kampfstoffe einzusetzen.
Heute, Dienstag, treffen sich die Staatschefs der Arabischen Liga in Doha, der Hauptstadt der kleinen Golfmonarchie Katar. Ein wichtiges Thema wird dabei auch die Lage in Syrien sein. Trotz seines angekündigten Rücktritts als syrischer Oppositionschef will Ahmed Moaz al-Khatib in Doha noch dabei sein. Zu den Gründen für seinen Rückzug schweigt der angesehene Geistliche, der einer Gelehrtenfamilie aus Damaskus entstammt, bisher. „Ich habe dem großen syrischen Volk und Gott versprochen zurückzutreten, wenn bestimmte rote Linien überschritten werden“, schrieb er in einer Facebook-Botschaft, ohne dies genauer zu erläutern. Seine Demission erlaube ihm, künftig freier zu arbeiten als innerhalb offizieller Institutionen. „In den vergangenen beiden Jahren sind wir von einem unfassbar bösartigen Regime abgeschlachtet worden – und die Welt hat zugeschaut.“
Ärger über Einfluss der Radikalen
Der 53-jährige al-Khatib war erst im vergangenen November in Doha unter massivem westlichen und arabischen Druck an die Spitze von Syriens Opposition gewählt worden. Bereits in den vergangenen Wochen hatte er durchblicken lassen, dass ihm der zunehmende Einfluss islamistischer Radikaler in den Reihen der Opposition Sorgen mache.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2013)