Forschung

Klimaexperte wird in Laxenburg IIASA-Generaldirektor

Hans Joachim Schellnhuber, Gründer des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung, übernimmt ab Dezember die IIASA in Laxenburg.
Hans Joachim Schellnhuber, Gründer des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung, übernimmt ab Dezember die IIASA in Laxenburg.Andreas Pein / laif / picturedesk.com
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Hans Joachim Schellnhuber übernimmt die Leitung der IIASA in Laxenburg. Schellnhuber ist Klimaexperte und Gründer des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung.

Im Dezember wird Schellnhuber seine neue Funktion als Generaldirektor des Internationalen Instituts für Angewandte Systemanalysen (IIASA) in Laxenburg antreten. Damit übernimmt ein ausgeprägter Klimawissenschaftler die Leitung des renommierten Instituts.

Der deutsche Wissenschaftler blickt auf fünf Jahrzehnte Arbeit mit mathematischer Physik, Komplexitätsforschung, Erdsystemanalysen, Klimawandel-Modellierung und Nachhaltigkeitswissenschaft zurück. Er ist Autor von 300 Veröffentlichungen und Büchern. Weltweit bekannt wurde er mit dem Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK), das er im Jahr 1992 gegründet hat – in dem Jahr, in dem beim „Erdgipfel“ in Rio de Janeiro unter anderem die Klima- und die Artenvielfaltskonvention unterschrieben worden sind.

Schellnhuber strebte mit der Gründung des Instituts an, was damals noch kaum im Fokus gestanden ist, mittlerweile aber zu einer Notwendigkeit und Selbstverständlichkeit geworden ist: ein interdisziplinärer Ansatz und die Aufbereitung des Wissens, welche Folgen die Klimaänderung auf die unterschiedlichen Bereiche hat. Die Gründung kam zu einer Zeit, in der die (von Lobbyorganisationen bezahlten) Zweifler des menschlichen Einflusses auf das Klimageschehen noch gern in Parlamente eingeladen wurden. Er hatte die Leitung des PIK bis 2018 inne. Von 2001 bis 2005 war er außerdem wissenschaftlicher Direktor des Tyndall Centre for Climate Change Research in Großbritannien.

Berater und IPCC-Experte

Der renommierte Wissenschaftler war Berater der deutschen Ex-Kanzlerin Angela Merkel, der EU-Kommissionspräsidenten Barroso und von der Leyen und auch von Papst Franziskus. Seit Gründung des „Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderung“ (WBGU) im Jahr 1992 hat er auch in diesem Gremium mitgearbeitet, auch in leitender Funktion. Schließlich hat er an mehreren Berichten des von der WMO eingesetzten UN-Klimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) mitgearbeitet. Das IPCC hat 2007 den Friedensnobelpreis erhalten.

Seit einigen Jahren hat sich Schellnhuber mit Architektur und deren Einfluss auf die Klimaänderung beschäftigt. Mit der Gründung und dem Aufbau einer gemeinnützigen Gesellschaft („Bauhaus Erde“) soll „Nachhaltigkeit“ konkretisiert werden. Damit soll (in Anlehnung an die Bauhaus-Bewegung der 1920er-Jahre) ein „neues Bauhaus“ entstehen, damit die Architektur in der Gesellschaft neu positioniert und ein wesentliches Element wird, um den Druck auf das Klima zu verringern. Konkret soll die neue Architektur mehr Treibhausgase binden als emittieren und mehr Energie produzieren als verbrauchen. Im Mittelpunkt steht dabei der Baustoff Holz, der Ansatz geht aber weit über das Bauen hinaus: So solle die Menschheit künftig „in Harmonie mit der Natur“ leben und nicht versuchen, Natur künstlich nachzumachen oder sie gar zu ersetzen..

Michael Clegg, Council Chair der IIASA, gibt sich in einem Statement zum neuen Generaldirektor euphorisch: „John Schellnhubers ausgeprägte Erfahrung, profunde Expertise und visionäre Führungsqualitäten wird der Mission der IIASA, globale Herausforderungen durch angewandte Systemanalysen zu bearbeiten, signifikante Fortschritte bringen. Seine Bestellung ist ein aufregendes neues Kapitel der IIASA. Ungeduldig erwarten wir den positiven Anstoß, den er für das Institut und dessen Mission haben wird.“

Das Konzept, das Schellnhuber für die IIASA erarbeitet, liegt noch nicht vor. Bekannt ist der gebürtige Bayer jedenfalls dafür, dass er sich weder hinter verschlossenen Türen noch in öffentlichen Statements ein Blatt vor den Mund nimmt. Er ist ein Freund der klaren Worte.

„Zeitraffer in Gang gesetzt“

So auch im „Presse“-Interview im Mai 2019, als er – angesprochen auf die Klimakrise – antwortet: „Das System Erde wird quasi mit dem Schmiedehammer bearbeitet; und es wäre naiv zu glauben, dass dies ohne Folgen bleibt. Alle Zeichen deuten auf eine Beschleunigung, Verschärfung hin.“ Und: „Wir haben einen geologischen Zeitraffer in Gang gesetzt.“

Zur Person

Hans Joachim Schellnhuber (73) übernimmt im Dezember die wissenschaftliche Leitung der IIASA in Laxenburg. Er ist ein weltbekannter Wissenschaftler und Gründer des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung und bekannt für klare Ansagen. Den Zustand der Erde bezeichnet er vor dem Hintergrund von Klimakrise und Artenschwund als „hochdramatisch“.

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