Heimische oder zugewanderte Miezen

Europäische Wildkatze
Europäische WildkatzeNationalpark Thayatal
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Im nördlichen Niederösterreich sind nicht nur die Hiker, Biker und Wellnesser heimisch, sondern auch jemand, der lange als ausgestorben galt: die Europäische Wildkatze.

Wildkatzen sind derzeit die Stars im Nationalpark Thayatal – an Artenvielfalt hat das weitläufige Gebiet rund um die kleine Stadt Hardegg aber wesentlich mehr zu bieten. Geprägt wird das Gebiet von der Thaya, die sich in Millionen von Jahren bis zu 150 Meter tief in das harte Urgestein der Böhmischen Masse eingegraben und eine einzigartige Tallandschaft geschaffen hat. Der Wanderpfad entlang des Wassers ist schmal. Ein Steilhang führt ihn immer näher an den Fluss heran. An der Grenze zwischen Österreich und Tschechien zieht das dunkle Wasser in Schlingen an bizarren Felsformationen vorbei.

Am Fuße des 378 Meter hohen Umlaufbergs scheinen sich die Flussschlingen fast zu berühren. Stille hat sich über Hardegg und sein Tal gelegt. Das Leben der Nationalparkbewohner läuft im Winter und Frühjahr auf Sparflamme, die Wälder gehören jetzt dem Fuchs, dem Dachs – und der Wildkatze. Das Thayatal mit seinen Laubwäldern ist das perfekte Revier für die Wildkatze mit ihrem getigerten Fell und den markanten schwarzen Ringen am Schwanz.

Das Geheimnis klebt am Lockstock. Es sind nur wenige Haare, die sich auf dem Holzpflock verfangen haben. Doch die könnten es in sich haben. Ihre Analyse gibt Klarheit darüber, ob die in Österreich seit den 1950er-Jahren als ausgestorben eingestufte Art der Wildkatze in den Wäldern des nördlichen Niederösterreich überlebt hat. Im 1330 Hektar kleinsten Nationalpark Österreichs haben die Park-Ranger Lockstöcke in den Boden gerammt, die sie regelmäßig nach Tierhaaren absuchen. Präpariert sind die Holzstücke mit Baldriantee, dessen Duft jenem des Sexuallockstoffs der Wildkatze ähnelt und sie magisch anzieht. Reiben sie sich am Stock, erhalten die Wissenschaftler Beweise dafür, dass sich die scheuen Tiere im Tal an der Grenze heimisch fühlen. „Mit den bisherigen Proben konnten wir drei verschiedene Wildkatzen nachweisen“, sagt der Biologe Christian Übl, der für das Wildkatzenprogramm des Nationalparks zuständig ist. An den Lockstöcken angebrachte Wildkameras sollen Fotos liefern, bisher sind in die Fotofallle aber nur Rehe, Dachse oder Schwammerlsucher getappt.

Zugewandert oder nie entdeckt?

Doch schon allein mit den drei sicheren Nachweisen innerhalb von fünf Monaten ist den Forschern im Thayatal eine kleine Sensation gelungen: Die Wildkatze ist zurückgekehrt. Oder war sie nie wirklich verschwunden, sondern nur gut versteckt? Christian Übl hält es für möglich, dass sich eine Gruppe in den Wäldern des Wald- und Weinviertels behaupten konnte und dort all die Jahrzehnte unentdeckt lebte. Oder aber es handelt sich um Zuwanderer aus Bayern oder aus der Slowakei. Eine weibliche Katze benötigt ein mindestens 100 Hektar großes Revier, um ausreichend Nahrung zu finden. Eine gesunde Wildkatzenpopulation umfasst rund 50 Tiere. Der Nationalpark Thayatal wäre demnach für nur etwa zwanzig Tiere groß genug. „Aber“, sagt Übl, „das sind Spekulationen. Wir wissen nicht, woher die Tiere kommen.“

Im Nationalparkhaus hoch über der Thaya sind Besucher eingetroffen. Sie wollen dabei sein, wenn Frieda und Carlo gefüttert werden. Die beiden ausgewachsenen Wildkatzen sind 2011 aus dem Alpenzoo Innsbruck und dem Tiergarten Wels zur Untermiete in ein Gehege beim Besucherzentrum gezogen und zur Attraktion geworden. Dort lassen sich die Tiere ungestört beobachten.

Wandern & schlafen

Nationalpark Thayatal, Nationalparkhaus 2082 Hardegg, 02949/ 70 05-0, www.np-thayatal.at

Wildkatzen-Themenwanderung: markierte, 2,3 Kilometer lange Wanderroute vom Nationalparkhaus entlang dem Einsiedlerweg. Wildkatzenfütterungen beim Nationalparkhaus von April bis Juni: Sa, So und Feiertag 15.30 Uhr. Juli bis August: tgl. 15.30 Uhr. Sept. bis Okt.: Sa, So und Feiertag 15.30
Schlafen & wellnessen: Therme Laa Hotel & Spa, eine „Verwöhnnacht“ ab 91€; Muttertags-Specials; www.therme-laa.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2013)

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