Die begrenzte intellektuelle Kapazität der Miesmuschel

Miesmuschel
Miesmuschel(c) dpa (A3416 Carmen Jaspersen)
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Gibt es eigentlich noch jemanden, der die Assoziation des italienischen Begriffs für Miesmuschel mit dem Erbrechen lustig findet?

Gibt es eigentlich noch jemanden, der die Assoziation des italienischen Begriffs für Miesmuschel mit dem Erbrechen lustig findet? Der Kellner in der Pizzeria, der zum hundertsten Mal „Pizza mit Kotze, höhöhö“ aufnehmen musste, vermutlich nicht. Das ist übrigens ähnlich originell, wie im Wiener Wirtshaus nach der „zweitgrößten Leber“ zu fragen oder die gebackenen Champignons mit „Sauce Trara“ zu ordern. (Von den Zeitgenossen, die beim Chinesen „Flühlingslolle“ bestellen, reden wir gar nicht erst.) Kleine anarchische Scherzchen mit der Sprache sind trotzdem nicht gänzlich verboten – so wie kürzlich vor einer kleinen Trattoria, die stolz die Spezialität des Tages auf einer Kreidetafel vor dem Eingang ankündigte. Und ein Gast mit einem kleinen Fingerwischer aus „PEPATA DI COZZE“ ein „DEPATA“ machte. Zumindest ein bisschen Schmunzeln war erlaubt, immerhin war das eine intellektuelle Eigenleistung, die (noch) nicht im Buch der gesammelten Kalauer steht. Bitte trotzdem nicht nachmachen – viel öfter funktioniert der Schmäh nicht einmal in Wien!

Apropos Meeresgetier – manchmal ist es nicht der Wortwitz, sondern der Gedanke dahinter, der verstört. Etwa bei einer neuen Mitarbeiterin einer Umweltschutzorganisation, die weniger wegen ihrer besonderen Affinität zu Natur und Nachhaltigkeit als ihrer organisatorischen Fähigkeiten eingestellt wurde. Und die in der ersten Mittagspause gleich einmal Socializing mit den neuen Kollegen über das Essen versucht: „Also ich mach mir jetzt einen Thunfischsalat, will noch jemand?“ Derartige kleine Gedankenlosigkeiten sind selten böse gemeint – und können doch genau so ankommen. Auch wenn es nicht ums Essen geht. Etwa dann, wenn die türkischstämmige Hotelrezeptionistin in Hamburg beim Auschecken „Gute Heimreise“ wünscht – und man ihr gedankenverloren und ein wenig harsch entgegenschmettert: „Ihnen auch!“


E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

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