Leiter einer Abtreibungsklinik in Philadelphia hat nach Ansicht der Jury drei Babys umgebracht.
Washington/Go. Der Eigentümer und Chefarzt einer Abtreibungsklinik in Philadelphia (Pennsylvania) ist am Montag (Ortszeit) des Mordes an drei Neugeborenen sowie des Totschlags an einer Patientin schuldig gesprochen worden. Kermit Gosnell (72) hat nach Ansicht der Geschworenen drei Kindern, die nach der Abtreibung lebend zur Welt gekommen sind, mit einer Schere die Wirbelsäule durchschnitten. Zudem hat er im Jahr 2009 eine 41-jährige Patientin mit einer zu hohen Dosis des Schmerzmittels Demerol umgebracht; nach Ansicht der Jury war das Totschlag.
Der Staatsanwalt hatte Gosnell vier weitere Babymorde zur Last gelegt. Die Geschworenen sahen es jedoch nicht als bewiesen an, dass diese Kinder bei ihrer Entbindung noch lebten.
Kommende Woche wird das Gericht die Strafe für Gosnell festsetzen. Der Bundesstaat Pennsylvania sieht für Mord die Todesstrafe vor. Die schauerlichen Zustände in der Klinik waren schon vor drei Jahren bekannt geworden. Das FBI und die Antidrogenbehörde DEA fanden bei einer Razzia wegen des Verdachts des Suchtmittelmissbrauchs Blut auf den Böden mehrerer Räume, Katzenkot allerorten und eingefrorene Embryos in Kühlschränken.
Neuer Stoff für den Kulturkampf
Dieser Fall ist für Abtreibungsgegner nun ein Argument dafür, Schwangerschaftsabbrüche wieder ganz zu verbieten. Der Supreme Court hat Abtreibungen 1973 in seinem Urteil in der Sache „Roe vs. Wade“ für eine Frage der Privatsphäre der betroffenen Frauen und somit für legal erklärt.
Befürworter des Rechts auf Abtreibung hingegen geben zu bedenken, dass die Zustände in Gosnells Klinik durch das Zusammenspiel von behördlichem Versagen und die zahlreichen rechtlichen Schikanen gegen andere Klinikbetreiber ermöglicht worden sei.
So war die Klinik ein Jahrzehnt lang nicht inspiziert worden; gleichzeitig war sie die einzige im ganzen Bundesstaat, die (legale) Spätabtreibungen anbot.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2013)