Tschechien: Korruptions-Affäre wird zu Privat-Affäre

Czech Republic's PM Necas makes a statement at the Czech Government headquarters in Prague
Czech Republic's PM Necas makes a statement at the Czech Government headquarters in PragueREUTERS
  • Drucken

Die verhaftete Kabinettchefin von Premier Nečas soll den Militärgeheimdienst auf dessen Ehefrau angesetzt haben. Unklar ist, ob Nečas, dem ein Verhältnis mit seiner Mitarbeiterin nachgesagt wird, davon wusste.

Bisher war im Zusammenhang mit der Großrazzia in Tschechien vom Donnerstag immer von Korruption und illegaler Auftragsvergabe die Rede gewesen. Am Freitag bekam die Affäre aber überraschend eine zusätzliche private Schlagseite: Unter den Festgenommenen befand sich auch Jana Nagyová, was schon deshalb für Aufruhr sorgte, weil sie die Kabinettchefin von Premier Petr Nečas ist.

Am Freitag tauchten nun Vorwürfe auf, Nagyová habe den Militärgeheimdienst VZ angewiesen, Nečas' Ehefrau Radka Nečasova zu bespitzeln. Dies erklärte der Anwalt des ebenfalls am Donnerstag verhafteten ehemaligen VZ-Chefs Ondrej Palenik. Ivo Istvan, Leiter der zuständigen Staatsanwaltschaft in Olomouc (Olmütz), sagte nur, dass Nagyová drei bestimmte Personen bespitzeln ließ. Das Motiv von Nagyová, der in diesem Zusammenhang Amtsmissbrauch vorgeworfen wird, sei „rein privat" gewesen, sagten die Ermittler. Ob Nečas von der Bespitzelung wusste, ist noch unklar.

Premier kündigte Scheidung an

Jedenfalls wird in Prag schon länger spekuliert, dass zwischen dem Premierminister und seiner Kabinettchefin mehr als ein reines Arbeitsverhältnis besteht. Nečas hatte erst vor einigen Tagen die Scheidung von seiner Ehefrau angekündigt.

Insgesamt wurden im Rahmen der Großrazzia acht Personen festgenommen, darunter auch der derzeitige VZ-Chef Milan Kovanda und der frühere Landwirtschaftsminister Ivan Fuksa. Er gehört wie der Premier zur konservativen Bürgerpartei ODS. Zudem haben die Ermittler umgerechnet 5,8 Millionen Euro an Bargeld und dutzende Kilogramm Gold beschlagnahmt.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Prager Affäre: Die Bespitzlerin wurde selbst bespitzelt
Außenpolitik

Prager Affäre: Die Bespitzlerin wurde selbst bespitzelt

Während Tschechiens Premier Nečas in der Korruptions- und Abhöraffäre zurücktrat, wurden pikante neue Details bekannt: Die Polizei hörte intime Telefonate der Hauptbeschuldigten mit dem Premier ab.
Head of Czech Prime Minister Petr Necas' office, Jana Nagyova, attends a Civic Democratic Party (ODS) congress in Brno
Außenpolitik

Rücktritt: Premier Necas stolpert über seine Bürochefin

Jana Nagyova, die "rechte Hand" von Petr Necas, ließ dessen Ehefrau bespitzeln. Sie zwang den Ministerpräsidenten angeblich auch zur Scheidung. Die Affäre kostete ihn und seine Regierung das Amt.
Tschechien Premier Nacas tritt
Außenpolitik

Tschechien: Premier Nečas tritt zurück

Nach der Spitzel- und Korruptionsaffäre wirft der Regierungschef das Handtuch. Mit ihm endet auch die Amtszeit des gesamten Kabinetts.
CZECH REPUBLIC CORRUPTION RAID
Außenpolitik

Tschechien: Der tiefe Fall der Regierung Nečas

Nicht nur soll die eifersüchtige Sekretärin des Premiers dessen Ehefrau bespitzelt haben, sie soll für ihn auch Abgeordnete bestochen haben. Nečas will aber nicht gehen.
CZECH REPUBLIC CORRUPTION RAID
Außenpolitik

Korruptionsverdacht: Razzia bei Tschechiens Premier

Die Antikorruptionseinheit nimmt die Sekretärin und „rechte Hand“ von Regierungschef Nečas fest. Dieser lehnt einen Rücktritt ab.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.