Porträt

Das erstaunliche Comeback des Josh Hartnett

Josh Hartnett bei der Premiere von „Oppenheimer“.
Josh Hartnett bei der Premiere von „Oppenheimer“.Henry Nicholls
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Einst spielte er in einer Liga mit Leonardo DiCaprio und Matt Damon, dann verschwand er beinahe völlig von der Leinwand. Mit „Oppenheimer“ feiert Josh Hartnett sein Comeback in der ersten Reihe Hollywoods.

Ein typischer Hollywood-Teenieschwarm war Josh Hartnett nie. Groß zwar, aber die Augen schmal und dunkel, der Ausdruck eher skeptisch bis ernst. Gleich zwei Mal kürte das US-Magazin „Teen People“ ihn trotzdem zu einem der „Hottest Stars“. Das erwachsenere „People“ zählte ihn zu den „50 schönsten Menschen“. Das war um die Jahrtausendwende, und Hartnett stand auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Ihm wurde die Rolle des Superman angeboten, und für Christopher Nolan war er die erste Wahl für seinen Batman.

Hartnett, damals Anfang 20, hatte in nur wenigen Jahren einen steilen Aufstieg hingelegt. Er war in Minnesota als Ältestes von vier Kindern aufgewachsen. Sein Vater war Gitarrist gewesen, ehe er im Immobilienmarkt arbeitete. Seine Stiefmutter (seine Mutter war nach der Scheidung nach San Francisco gegangen) war Künstlerin und Aushilfslehrerin. Er selbst wollte Maler werden und war gut im Football. Nach einer Knieverletzung mit 16 Jahren versuchte er sich statt im Sport im Theater.

Aus der Schauspielschule geworfen

Seine Ausbildung zum Schauspieler in New York dauerte nur kurz. Er hatte sich schriftlich beim Direktor der Schauspielschule über deren Methoden beklagt, die die Kreativität der Studierenden ersticken würden. Hartnett wurde hinausgeworfen und ging nach Los Angeles, wo er binnen kürzester Zeit Rollen ergatterte.

Josh Hartnett und Jamie Lee Curtis in „Halloween H20“.
Josh Hartnett und Jamie Lee Curtis in „Halloween H20“.Imago

Seinen Durchbruch feierte er als Jamie Lee Curtis’ Sohn in der Horrorfilm-Fortsetzung „Halloween H20“. Damals war er erst 20. Danach hatte er eine Hauptrolle in Robert Rodriguez’ High-School-Horror „The Faculty“, spielte den Feschak Trip Fontaine in Sofia Coppolas „The Virgin Suicides“ und kämpfte neben Ben Affleck in Michael Bays kommerziell erfolgreichem wie verrissenem Zweiter-Weltkrieg-Epos „Pearl Harbor“. Er stand für Ridley Scotts „Black Hawk Down“ vor der Kamera, spielte Iago in der Shakespeare-Adaption „O“, brach Frauenherzen in der Romcom „40 Tage und 40 Nächte“ und zeigte komödiantisches Talent in „Lucky Number Slevin“.

Josh Hartnett und Ben Affleck in „Pearl Harbour“.
Josh Hartnett und Ben Affleck in „Pearl Harbour“.Imago Stock&People

Hartnett schien auf dem besten Wege, der neue große Superstar in Hollywood zu werden. Er wurde in einem Atemzug genannt mit Kollegen wie Leonardo DiCaprio und Matt Damon. Doch dann wurde es unerwartet ruhig um ihn. Er sagte Nein zu den Langzeitprojekten „Superman“ und „Batman“. Ins Fledermaus-Kostüm schlüpfte statt ihm Christian Bale. Zum Superman wurde einen Film lang Brandon Routh, ehe Zack Snyder übernahm und Henry Cavill engagierte.

Hartnett zog sich unterdessen nach ein paar kleinen Filmen bzw. Rollen wie in „Sin City“ und Flops wie Brian De Palmas „Black Dahlia“ vollständig von der Schauspielerei zurück. 16 Monate lang dachte er darüber nach, ob er überhaupt noch Schauspieler sein wollte und wenn ja, unter welchen Umständen.

„Ich weiß, wie es ist, in dieser ganzen Welt zu sein“

Das Jahr 2012 ist ein weißer Fleck in seiner Filmografie. Hartnett verließ Los Angeles und ging nach London, wo er auf der Bühne stand. Er wurde in kleinen Filmen gecastet, die oft gar nicht ins Kino kamen. Er war nicht wirklich weg, stand aber nicht mehr in der ersten Reihe in Hollywood.

„Ich weiß, wie es ist, in dieser ganzen Welt zu sein. Ich war ein paar Jahre dort oben, und es war unbequem. Ich denke, der Versuch, an der Spitze zu bleiben, ist eine Abkürzung ins Unglück“, sagte er 2021 in einem Interview mit dem Blog der Luxus-Männer-Marke Mr. Porter. Vor allem aber wollte er mehr sein als ein Produkt: „Mir wurde damals langsam klar, dass ich eine Ware war, die auf dem Markt eine bestimmte Leistung erbringen musste, sonst würde ich meiner Karriere schaden.“

Sein Fokus hatte sich verschoben. In England lernte er seine spätere Frau, die britische Schauspielerin Tamsin Egerton, kennen. Die beiden wurden Eltern, ihre drei Kinder wurden 2015, 2017 und 2019 geboren. „Ich habe eigentlich keine größeren Pausen gemacht, ich habe einfach Kinder bekommen“, erklärte er 2021. Er habe sich „viel Zeit genommen, um in erster Linie ein Vater zu sein“. Hartnett nahm Rollen an, mit denen er seine Familie ernähren konnte, aber für die er nicht lang von zu Hause weg musste. Darunter die Gothic-Horrorserie „Penny Dreadful“ (2014–2016) mit Eva Green.

US-Medien feiern die „Hartnettaissance“

Seltsamerweise nähert sich der 45-Jährige über Umwege gerade wieder der A-Liga an. Mache US-Medien sprechen nun sogar von einer „Hartnettaissance“. Anfang des Jahres spielte er in Guy Ritchies Agententhriller „Operation Fortune“ einen Action-Star. Im Juni überzeugte er in der britischen Anthologieserie „Black Mirror“ als Astronaut mit Abgründen.

Mit Jason Statham und Aubrey Plaza war Hartnett in „Operation Fortune“ im Kino zu sehen.
Mit Jason Statham und Aubrey Plaza war Hartnett in „Operation Fortune“ im Kino zu sehen.Miramax Films via www.imago-images.de

Und er spielt eine tragende Rolle in einem der Blockbuster des Jahres, „Oppenheimer“, bei dem er sich einen langgehegten Wunsch erfüllte und endlich mit Regisseur Nolan zusammenarbeitete. In dem Epos verkörpert Hartnett den Physiker und Nobelpreisträger Ernest Lawrence. Hartnett selbst sagte über seine Karriere einmal: „Ich entschied mich, ein Leben zu haben.“ Momentan sieht es danach auch, als könnte er beides haben.

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