Moskau: Oppositionsführer soll für Jahre hinter Gitter

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Die Staatsanwaltschaft beantragt sechs Jahre Haft wegen Unterschlagung. "Ein Schauprozess", sagen Menschenrechtler.

Dem prominentesten russischen Oppositionsführer droht ein mehrjähriger Gefängnisaufenthalt: In einem umstrittenen Strafprozess gegen Alexej Nawalny hat die Anklage sechs Jahre Gefängnis ohne Bewährung und eine Geldstrafe von einer Million Rubel (umgerechnet rund 23.000 Euro) gefordert. Nawalny habe als Berater einer Holzfirma Eigentum des Unternehmens veruntreut, sagte Staatsanwalt Sergej Bogdanow am Freitag der russischen Agentur Interfax zufolge in seinem Plädoyer (-->mehr zur Anklage).

Der 37-jährige Angeklagte hatte die Vorwürfe mehrmals als Inszenierung des Kremls zurückgewiesen ."Es gibt keine Beweise gegen Nawalnyi In dem Prozess geht es nur darum, einen prominenten Aktivisten aus politischen Motiven öffentlich an den Pranger zu stellen", erklärte auch sein Anwalt nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters. Menschenrechtler kritisieren das vor zwei Monaten am Bezirksgericht in Kirow, 900 Kilometer nordöstlich von Moskau, begonnene Strafverfahren als "Schauprozess".

"Partei der Gauner und Diebe"

Der Oppositionsführer hat im Vorjahr die größten Anti-Regierungs-Proteste in der Ära Putin inszeniert und prangert auch als Blogger regelmäßig die Korruption in Russland an. Auf ihn geht auch das mittlerweile geflügelte Wort von der "Partei der Gauner und Diebe" für die herrschende Kreml-Partei "Einiges Russland" zurück.

Der vor allem in der aufstrebende Mittelklasse beliebte Nawalny kündigte zudem an, im September bei der Wahl für das Bürgermeisteramt in Moskau kandidieren zu wollen. Im Falle einer Verurteilung in diesem oder einem anderen  fünf gegen ihn laufenden Verfahren darf er freilich nicht kandidieren. Bei der Erstellung seines Wahlprogramms ist ihm der vor kurzem aus Russland geflohene prominente Wirtschaftswissenschaftler Sergej Gurijew zur Hand gegangen.

Wahlkampfmaterial beschlagnahmt

Nawalnyi tritt für die liberale Partei Parnass an. So muss er nicht zigtausende Unterstützungserklärungen sammeln, die dann am Ende von den Behörden vielleicht noch für ungültig erklärt werden. Diese haben indes schon begonnen, seinen Wahlkampf zu behindern: Die Polizei beschlagnahmte vor einigen Tagen Wahlkampfmaterial des Oppositionellen mit der Begründung, er habe seine Kampagne zu früh begonnen.

(APA/DPA/hd)

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