Feiern wie die Inder: Hauptsache bunt

Feiern Inder Hauptsache bunt
Feiern Inder Hauptsache bunt(c) EPA (OLE�SPATA)
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Am Samstag wird in Wien – mitten im Hochsommer – das indische Frühlingsfest begangen. Mit einer Massenparty, die freilich mit dem religiösen Fest nicht mehr viel zu tun hat.

Wien. Tausende junge Menschen, die zu Techno-Beats tanzen. Dicht an dicht, verschwitzt, lachend. Es könnten Bilder von der Loveparade – als es sie noch gab – sein, oder von einem Musikfestival. Hier aber werfen die Teilnehmer zu jeder vollen Stunde mit Farbbeuteln um sich und aufeinander. Tatsächlich sind die zehntausenden Menschen, die in Berlin oder in Dortmund gemeinsam gefeiert haben, Teilnehmer des religiösen, indischen Festes Holi. In der Theorie.

In der Praxis hat dieses junge Phänomen, das sich „Holi Festival of Colours“ nennt und auf seiner Tour durch den deutschsprachigen Raum morgen, Samstag, erstmals in Wien gastiert (siehe Infobox), mit der jahrhundertealten indischen Tradition nur wenig zu tun.

Das indische Frühlingsfest, angeblich eines der ältesten überhaupt, das üblicherweise im März begangen wird und die strengen Kastengrenzen der indischen Gesellschaft aufhebt, hat sich in seiner nach Europa importierten Variante zu einem neuen Unterhaltungsphänomen junger partyaffiner Menschen gewandelt.

Die Segenswünsche, das Gedenken an die Jugend Krishnas, all das spielt hier beim Großteil der vorwiegend jungen Teilnehmer (Eintritt allerdings ab 18 Jahren!) wohl keine Rolle. Geblieben ist, das schon, die Praxis des Farbbeutelwerfens. Statt der geweihten Farben, die in Indien aus Kräutern und Blüten gemischt werden, werden hier zehntausende synthetisch hergestellte Farbbeutel geworfen. Die man (à zwei Euro) zunächst käuflich erwerben muss.

Denn Holi in seiner europäischen Variante kostet. Stadien, Areale werden angemietet (in Wien gastiert man in St. Marx), die Community zahlt Eintritt (16,99€), eigene Farbbeutel darf man ebenso wenig mitbringen wie Speisen und Getränke. Drei junge Deutsche rund um Jasper Hellmann haben Holi nach Europa geholt und binnen Kurzem – im Vorjahr fand das „Festival of Colours“ erstmals statt – eine perfekt und straff organisierte Partymaschinerie in Gang gesetzt. Tickets waren in den deutschen Städten innerhalb weniger Stunden ausverkauft, auch in Wien gab es nach einem Tag keine Karten mehr. (Für Innsbruck und Linz beginnt der Verkauf erst.)

Videos und Fotos von gut gelaunten jungen Menschen unter knallbuntem Farbregen machen Laune, das DJ-Line-up ebenso. Man wirbt mit „Gleichheit, Gemeinschaft“, einem „noch nie da gewesenen kollektiven Gefühl von Euphorie und Einheit“, die PR-Texte sind gut geschliffen, das Logo eingängig, der Werbeauftritt via Facebook ein Selbstläufer.

Selbstredend, dass sich da in jeder Stadt dankbare Kooperationspartner finden. Für das gute Gewissen hat man die SOS-Kinderdörfer mit an Bord, das Festival unterstützt den Bau neuer Kinderdörfer in Indien. Dazu eine fast durchwegs positive Medienpräsenz, wo immer man haltmachte.

Kritik? Gab es, leise. Nicht etwa daran, dass da ein sakrales Fest kommerzialisiert wird. Nein, vielmehr daran, dass die Veranstaltungen überrannt waren, man sich zu lange um Getränke anstellen musste. Sicher, immer wieder werden wichtige religiöse Feste zu Massenfeiern und damit von Menschen begangen, die mit der Tradition wenig anfangen können. In vielen Fällen, siehe St.Patrick's Day, der von Exil-Iren in andere Länder gebracht wurde, wächst so ein Feiertag langsam in Richtung Kommerz. Das „Holi Festival of Colours“ wurde von Veranstaltern geschickt massentauglich zweckentfremdet – und funktioniert auf Anhieb bei hunderttausenden Menschen, die in den meisten Fällen keinen ausgeprägten Bezug zu Indien haben.

Konzept nur angelehnt

Die indische Botschaft in Wien hat mit der Holi-Massenparty jedenfalls überhaupt kein Problem. „Das ist ja nicht das Holi-Fest, das hier gefeiert wird. Die Organisatoren haben nur ihr Konzept daran angelehnt“, sagt ein Mitarbeiter der Botschaft. In Indien wird Holi traditionell im März gefeiert, man wünscht Familie und Freunden Glück, feiert auf den Straßen. „In Wien“, sagt der Botschaftsmitarbeiter, der überlegt hat, das Fest zu besuchen, „hat es mehr einen Partycharakter. Und es spricht Menschen an, die mit Farben spielen wollen.“ Eigentlich sieht er es sogar sehr positiv. Unzählige Menschen würden an diesem Tag an Indien denken.

Auf einen Blick

Farben. Diesen Samstag findet in Neu Marx/Wien das „Holi Festival of Colours“ statt, bei dem sich die Besucher mit Farbbeuteln bewerfen. Der Eintritt kostet 16,99 Euro oder 24,99 Euro inkl. fünf Farbbeutel. In Wien sind die Tickets ausverkauft, auf Facebook („Holi Festival of Colours Wien“) bieten User vereinzelt noch Karten an. Nach Wien findet das Fest auch in Linz (31. 8.) und Innsbruck (Termin offen) statt. Zutritt ab 18 Jahren.

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.holifestival.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2013)

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