Der ökonomische Blick

Was bringt uns die ökosoziale Steuerreform in Österreich?

Die österreichische Regierung hat im Jahr 2021 im Rahmen einer ökosozialen Steuerreform eine Reihe von Maßnahmen für eine nachhaltigere und sozial gerechtere Wirtschaft beschlossen.
Die österreichische Regierung hat im Jahr 2021 im Rahmen einer ökosozialen Steuerreform eine Reihe von Maßnahmen für eine nachhaltigere und sozial gerechtere Wirtschaft beschlossen.imago stock&people
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Aus ökonomischer Sicht birgt eine ökosoziale Steuerreform Potential zur effektiven Treibhausgasreduktion auf sozialverträgliche Weise. Die in Österreich eingeführte CO2-Bepreisung samt regionalem Klimabonus ist jedoch nur bedingt treffsicher und wenig ambitioniert, wie unsere Modellanalyse zeigt.

Österreich erarbeitet gerade das Update zu seinem Nationalen Energie- und Klimaplan zur Abgabe an die Europäische Kommission. Das innerösterreichische Konsultationsverfahren zum Entwurf endete letzte Woche. Eine Reihe von Stellungnahmen schlugen eine Überarbeitung auch der nationalen CO₂-Bepreisung vor. Warum wäre dies zielführend?

Die österreichische Regierung hat im Jahr 2021 im Rahmen einer ökosozialen Steuerreform eine Reihe von Maßnahmen für eine nachhaltigere und sozial gerechtere Wirtschaft beschlossen [1]. Zwei wesentliche Elemente dieser Reform sind die Bepreisung von CO₂-Emissionen in Sektoren, die derzeit nicht dem europäischen Emissionshandelssystem unterliegen und ein regional-differenzierter Kompensationsmechanismus, bekannt als regionaler Klimabonus. Gemäß dem ursprünglichen Regierungsvorschlag sieht die Reform einen Einstiegspreis von 30 Euro/t CO₂ im Jahr 2022 vor, der bis zum Jahr 2025 auf 50 Euro/t CO₂ steigt (heuer beträgt er 32,5 Euro/t CO₂). Der Klimabonus pro Kopf basiert auf der „Urban-Rural-Typologie“ der Statistik Austria [2] und beträgt im Jahr 2023 je nach Wohnsitz 110, 150, 175 oder 220 Euro (mit geplantem Anstieg in den Folgejahren), wobei die Höhe der Entlastung mit zunehmender Besiedelungsdichte sinkt.

Was ist „Der ökonomische Blick“?

Jede Woche gestaltet die Nationalökonomische Gesellschaft (NOeG) in Kooperation mit der „Presse“ einen Blogbeitrag zu einem aktuellen ökonomischen Thema. Die NOeG ist ein gemeinnütziger Verein zur Förderung der Wirtschaftswissenschaften. Dieser Beitrag ist auch Teil des Defacto Blogs der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät an der Central European University (CEU). Die CEU ist seit 2019 in Wien ansässig.

Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der „Presse“-Redaktion entsprechen.

CO₂-Bepreisung trotz zahlreicher Vorteile unbeliebt

Die Vorteile eines marktbasierten Instruments wie einer CO₂-Steuer zur Reduktion von klimaschädlichen Emissionen sind vielfältig [3]. Die Bepreisung von CO₂ schafft Kostenwahrheit, erhöht die Profitabilität von neuen klimaneutralen Technologien und fördert die Bereitschaft zu Innovation. Dennoch sind CO₂-Steuern in der Öffentlichkeit eher unbeliebt, was unter anderem daran liegt, dass sie regressiv wirken können [4], also ärmere Haushalte relativ stärker belasten als reichere. Zudem wird befürchtet, dass BewohnerInnen von dünn besiedelten Gebieten aufgrund ihres höheren Heizbedarfs und einer schlechteren Anbindung an den öffentlichen Verkehr stärker von einer CO₂-Bepreisung betroffen sind als jene in Städten [5]. Derartige negative soziale Folgen lassen sich jedoch durch Umverteilung der Steuereinnahmen meist gut abfedern.

Die gesamtwirtschaftliche Wirkung einer klimapolitischen Maßnahme ist jedoch von vielen Faktoren abhängig und nicht a priori absehbar. Unsere makroökonomische Analyse zeigt, dass indirekte Rückkoppelungseffekte (geänderte Struktur von Einkommen und Ausgaben infolge des klimapolitischen Eingriffes) vor allem die verteilungspolitischen Auswirkungen der ökosozialen Steuerreform in Österreich maßgeblich mitbestimmen können. Zusammengefasst zeigen unsere Modellberechnungen[1] (siehe auch [7]):

Die CO₂-Bepreisung wirkt auch ohne Rückverteilung der Einnahmen progressiv, belastet untere Einkommensgruppen also nicht überproportional. Dies lässt sich durch die Struktur der Einkommenskanäle privater Haushalte erklären. Der CO₂-Preis wirkt primär auf emissionsintensive Sektoren, die auch gleichzeitig kapitalintensiver sind. Infolge kommt es zu einer stärkeren Eindämmung des Kapitaleinkommens, das in höheren Einkommensklassen größeres Gewicht hat.

Die CO₂-Bepreisung belastet auch ohne Rückverteilung der Einnahmen ländliche Haushalte nicht deutlich stärker als städtische. Die Umverteilung mittels regionalem Klimabonus führt nicht unbedingt zu einer sozial gerechteren Verteilung der Steuerlast. Dies ist auf den weniger starken Verlust des verfügbaren Einkommens von ländlichen Haushalten zurückzuführen, das dem stärkeren Anstieg ihres Konsumpreisindizes entgegenwirkt.

Der von der Regierung geplante CO₂-Preispfad ist nicht ambitioniert genug, um die notwendige Emissionsreduktion gemäß Pariser Klimaziele zu erreichen. Dies gilt unabhängig von der Art der Umverteilung der Steuereinnahmen.

Ausbau öffentlicher Infrastruktur könnte Akzeptanz erhöhen

Aus unserer Arbeit ziehen wir folgende Schlüsse: Für eine stärkere Emissionsreduktion müsste die Bepreisung von CO₂ von Beginn an höher angesetzt werden und einem stärkeren Anstieg über die Zeit unterliegen. Um die soziale Treffsicherheit zu erhöhen, könnten zudem Kompensationszahlungen für hohe Einkommensgruppen niedriger ausfallen, wodurch sich auch neuer Spielraum für Investitionen in Klimaschutz oder Ausbau öffentlicher Infrastruktur ergeben würde. Eine bessere Anbindung vor allem ländlicher Regionen an den öffentlichen Verkehr sowie weitreichende Renovierungsmaßnahmen an alten Gebäudebeständen könnten es der Bevölkerung erleichtern, auf das Preissignal der CO₂-Steuer stärker zu reagieren und mit einer klimafreundlichen Lebensweise insgesamt zu profitieren.

Die Autorin

Laura Wallenko (*1998) hat das Masterstudium der Umweltsystemwissenschaften mit Schwerpunkt Volkswirtschaft an der Universität Graz absolviert und ist derzeit Dissertantin am Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Universität Graz. In ihrer Dissertation beschäftigt sie sich mit den makroökonomischen und verteilungspolitischen Auswirkungen von Klimaschutzmaßnahmen in Österreich. 

Laura Wallenko
Laura Wallenko

Referenzen

[1] BMK, „Ökosoziale Steuerreform“, Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, 2023. [Online]

[2] Statistik Austria, „Urban-Rural-Typologie“, Methodik, 2021. [Online]

[3] A. Baranzini, J. van den Bergh, S. Carattini, R. Howarth, E. Padilla, und J. Roca, „Carbon pricing in climate policy: Seven reasons, complementary instruments, and political economy considerations“, Wiley Interdiscip. Rev. Clim. Change, Bd. 8, März 2017, doi: 10.1002/wcc.462.

[4] A. Baranzini, J. Goldemberg, und S. Speck, „A future for carbon taxes“, Ecol. Econ., Bd. 32, Nr. 3, S. 395–412, März 2000, doi: 10.1016/S0921-8009(99)00122-6.

[5] M. Beck, N. Rivers, und H. Yonezawa, „A rural myth? Sources and implications of the perceived unfairness of carbon taxes in rural communities“, Ecol. Econ., Bd. 124, S. 124–134, Apr. 2016, doi: 10.1016/j.ecolecon.2016.01.017.

[6] J. Mayer, A. Dugan, G. Bachner, und K. W. Steininger, „Is carbon pricing regressive? Insights from a recursive-dynamic CGE analysis with heterogeneous households for Austria“, Energy Econ., Bd. 104, S. 105661, Dez. 2021, doi: 10.1016/j.eneco.2021.105661.

[7] L. Wallenko, „The eco-social tax reform in Austria: economy-wide and distributional effects of a CO2 tax under a region-specific revenue recycling scheme“, Master Thesis, University of Graz, 2022. [Online]

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