Griechenland braucht weitere zehn Milliarden Euro

Finanzminister Stournaras
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Der griechische Finanzminister will für das notwendige Geld keine weiteren Bedingungen erfüllen müssen.

Griechenland wird seine Euro-Partner wohl um weitere zehn Milliarden Euro bitten. Finanzminister Jannis Stournaras forderte allerdings, dass diese zusätzlichen Hilfen nicht an weitere Bedingungen geknüpft werden. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble versicherten am Wochenende erneut, ein zweiter Schuldenschnitt komme für sie nicht infrage.

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will Merkel noch vor der Bundestagswahl am 22. September zu einer klaren Aussage zwingen, welche Belastungen ein drittes Rettungspaket für Griechenland nach sich ziehen würde.

Kein weiterer Schuldenerlass

"Wenn Griechenland neue Hilfen braucht, werden es etwa zehn Milliarden Euro sein", sagte Stournaras der Zeitung "Proto Thema". Die Pflichten seines Landes im Gegenzug für die bereits von den internationalen Geldgebern gewährten Hilfen seien bis 2016 festgelegt und dürften nicht verändert werden. Der Minister betonte: "Wir sprechen nicht über ein neues Rettungspaket, sondern über ein Paket mit Wirtschaftshilfen." Aus Schäubles Sicht geht es bei einem dritten Paket ausschließlich um Hilfen etwa bei der Co-Finanzierung von EU-Strukturfonds, aber keinesfalls um einen weiteren Schuldenerlass, der auch zulasten der deutschen Steuerzahler ginge.

Merkel warnte im Magazin "Focus": "Ein Schuldenschnitt könnte einen Dominoeffekt der Verunsicherung auslösen, an dessen Ende die Investitions-Bereitschaft privater Anleger in der Euro-Zone wieder gen null geht." Schäuble sagte dem "Mannheimer Morgen: "Es gibt keinen Schuldenschnitt, und wir haben nichts zu verbergen." Auch der deutsche EZB-Direktor Jörg Asmussen warnte in der "Welt am Sonntag", schon die Debatte über einen erneuten Schuldenerlass sei schädlich.

SPD-Chef Sigmar Gabriel warf Merkel vor, "heimlich einen zweiten Schuldenschnitt" vorzubereiten. Damit würde das Versprechen Europas an die Welt-Finanzmärkte gebrochen, dass es sich um eine einmalige Aktion handeln sollte, sagte er der "Welt am Sonntag". Steinbrück forderte Merkel auf, den Bürgern endlich reinen Wein darüber einzuschenken, "dass uns die Stabilisierung der Euro-Zone etwas kosten wird". Er werde das Thema bei seinem TV-Duell mit der Kanzlerin am kommenden Sonntag sowie in der letzten Sitzungswoche des Bundestages Anfang September zur Sprache bringen, sagte Steinbrück der "Südwest Presse" (Montagausgabe). Der Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin sagte dem "Tagesspiegel am Sonntag", dass ein drittes Hellas-Hilfspaket unausweichlich sei, pfiffen die Spatzen seit Monaten von den Dächern. Durch ihr wahltaktisches Hinauszögern steigere Merkel die Wahrscheinlichkeit eines zweiten Schuldenschnitts.

Bei einem ersten Schuldenerlass hatten die privaten Gläubiger im Frühjahr 2012 auf über 100 Milliarden Euro und damit rund 53 Prozent ihrer Ansprüche verzichtet. Ein zweiter Forderungsverzicht könnte Deutschland teuer zu stehen kommen, weil die Forderungen mittlerweile vor allem bei den Euro-Partnern, der Europäischen Zentralbank und beim Internationalen Währungsfonds liegen. Deutschland hatte zum ersten Hilfspaket 15,17 Milliarden Euro beigesteuert. Im Rahmen des zweiten Pakets bürgt der Bund für Kredite des Euro-Rettungsschirms EFSF von 67,8 Milliarden Euro. Ein Teil dieser Summe müsste bei einem Forderungsverzicht abgeschrieben werden.

Ausgelöst hatte die Debatte vergangene Woche Schäuble, als er bei einer Wahlveranstaltung ohne Wenn und Aber gesagt hatte: "Es wird in Griechenland noch einmal ein Programm geben müssen." Die aktuellen Hilfszusagen laufen Ende 2014 aus.

EU-Energiekommissar Günther Oettinger rechnet damit, dass Griechenland in den nächsten drei Jahren erneut einen "kleinen zweistelligen Milliardenbetrag" benötigt. "Es geht jetzt um ein neues Paket für bis zu drei Jahre. In diesem Paket ist ein Schuldenschnitt nicht vorstellbar", sagte Oettinger der "Welt am Sonntag". "Man kann ihn aber nicht für alle Zeiten ausschließen." Der frühere EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark und viele andere Experten halten einen zweiten Schuldenschnitt letztlich für unvermeidlich. Ansonsten könne Griechenland seine hohen Verbindlichkeiten nicht mehr tragen, argumentierte Stark.

Merkel und Schäuble betonten, wie es mit Griechenland weitergehe, könne frühestens Mitte 2014 entschieden werden. Auch CSU-Chef Horst Seehofer betonte: "Wir brauchen jetzt nicht für das Jahr 2015 über Hilfszusagen zu diskutieren."

(APA/Reuters)

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