Sechs Parteien einig, aber nur fast

Bundespräsident Heinz Fischer
Bundespräsident Heinz Fischerimago/Eibner
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Beinahe wäre das Demokratiepaket beschlossen worden – hätte nicht Bundespräsident Heinz Fischer eingegriffen.

Wien/Maf. SPÖ, ÖVP und Grüne haben Ende Juni ein Demokratiepaket ins Parlament eingebracht. Kern des Vorschlags: Volksbegehren sollen verpflichtend einer Volksbefragung unterzogen werden, wenn zehn Prozent (bei einfachen Gesetzen) bzw. fünfzehn Prozent (bei Verfassungsgesetzen) unterschrieben haben. Abgestimmt darf aber nicht über alles werden: Gesetze, die Europarecht betreffen, sind ebenso ausgenommen, wie Vorhaben, die Grund- und Menschenrechte verletzen. Ob dies der Fall ist, soll laut Gesetzesentwurf die Bundeswahlbehörde entscheiden, als Berufungsinstanz dient der Verfassungsgerichtshof.

Zu einer sofortigen Beschlussfassung kam es entgegen den ursprünglichen Plänen aber nicht. Bundespräsident Heinz Fischer hatte ein Begutachtungsverfahren eingefordert, das bis Mitte August gelaufen ist und sehr kritische Stellungnahmen brachte – etwa vom Verfassungsgerichtshof. Zur eigentlich geplanten Beschlussfassung vor der Wahl wird es jetzt wohl nicht mehr kommen. SPÖ und ÖVP wollen noch einmal eingehend über das Vorhaben diskutieren.

Die SPÖ war über Fischers Wunsch nach einer Begutachtung wohl nicht ganz unglücklich: Klubchef Josef Cap galt vorher schon als Skeptiker der Aufwertung der direkten Demokratie. Und einzelne SPÖ-Abgeordnete haben schon offen gegen das Vorhaben mobil gemacht.

Auch in der ÖVP sind die Meinungen gespalten. Während beispielsweise Staatssekretär Sebastian Kurz mehrmals mit weitreichenderen Vorschlägen vorgeprescht ist – etwa der Abhaltung von rechtlich verbindlichen Volksabstimmungen ab zehn Prozent Beteiligung an einem Volksbegehren –, sind etliche Spitzenvertreter deutlich skeptischer.

Die Grünen fordern eine sofortige Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen – für sie war die Zustimmung zu den Plänen von SPÖ und ÖVP schon ein Kompromiss. Ursprünglich hatten sie – gemeinsam mit den anderen Oppositionsparteien – Volksbefragungen ab vier Prozent Zustimmung zu einem Volksbegehren gefordert.

Die FPÖ will eine Verankerung der direkten Demokratie nach Schweizer Vorbild: Wichtige Entscheidungen müssten dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden. Ebenso soll es die Möglichkeit gegen, ein Gesetz per Volksabstimmung abzulehnen. Dafür sollen schon vier Prozent Beteiligung bei einem Volksbegehren ausreichen.

Auch BZÖ und Team Stronach sind für eine Umsetzung der ursprünglichen Oppositionspläne und damit für verpflichtende Volksbefragungen schon ab vier Prozent Beteiligung an einem Volksbegehren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2013)

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