Ein Bundesheer wie im Kalten Krieg

Bundesheer Kalten Krieg
Bundesheer Kalten Krieg(c) APA
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Die wahren Probleme des Heeres liegen nicht in der Wehrpflicht (die bleibt): Gibt es nicht bald eine Reform, kann der Dienstbetrieb nicht mehr finanziert werden.

Wien. Die wichtigste Entscheidung ist bereits im Jänner gefallen: Die Volksbefragung ist eindeutig für die Beibehaltung der Wehrpflicht ausgegangen, damit sind sämtliche Pläne für eine Umstellung auf ein Berufsheer wohl für die nächsten Jahren obsolet. Und auch sonst wird wohl keine große Bundesheerreform kommen. Denn die letzte, unter Leitung des inzwischen verstorbenen Wiener Altbürgermeisters Helmut Zilk, ist noch nicht so lange her. Und vor allem: Sie ist noch gar nicht zur Gänze umgesetzt.

Die Parteien setzen daher eher auf kleinere Reformschritte: Die Wehrpflicht soll reformiert, der Dienst der Rekruten sinnvoller werden. Ob es aber tatsächlich gelingt, den Kernpunkt umzusetzen, nämlich die Zahl der Systemerhalter – Grundwehrdiener mit nicht militärischen Aufgaben – deutlich zu reduzieren, darf aber bezweifelt werden. Solange nicht zusätzliches Geld zur Verfügung gestellt wird, um deren Tätigkeit von zivilen Kräften erledigen zu lassen, wird es wohl keine nennenswerte Reduktion geben.

Es darf aber auch bezweifelt werden, ob es genügt, lediglich den Grundwehrdienst für die Rekruten etwas netter zu gestalten. Das Bundesheer steht nämlich kurz davor, seine Handlungsfähigkeit einzubüßen. Grund dafür ist die Personalstruktur: Die ist immer noch auf ein großes Milizheer aus der Zeit des Kalten Krieges ausgerichtet. Für die damals – theoretisch – 200.000 Milizsoldaten gab es damals rund 25.000 Beamte, davon 15.000 Berufssoldaten, die quasi das Rückgrat des Heeres bildeten.

Heute gibt es immer noch gleich viele Berufssoldaten – aber keine Miliz mehr, die zu verwalten wäre. Was das Heer heute benötigen würde, wäre eine schlanke Verwaltung und eine größere Einheit, die in Einsätze geschickt werden kann – gebildet aus Zeitsoldaten, die befristet beim Heer sind und dieses auch wieder verlassen.

Netter Grundwehrdienst

Gebraucht wird diese Einheit vor allem für Auslandseinsätze, und zwar mehr als bisher. Denn derzeit werden die internationalen Einsätze des Bundesheer zu einem guten Teil mit Milizsoldaten beschickt. Die werden aber weniger, weil es keine verpflichtenden Übungen mehr gibt, die Miliz damit bald nur noch auf dem Papier existieren wird.

Dass der Berufskader vor allem aus Unteroffizieren mittleren Alters besteht, die nur beschränkt in Einsätze geschickt werden können, hat schon die Zilk-Kommission erkannt. Deren Vorschläge, die Personalstruktur etwa durch Golden Handshakes umzubauen, wurden aber nie umgesetzt.

Problematisch ist die Personalstruktur auch aus einem anderen Grund: Ein immer größerer Teil des Budgets wird für das Personal aufgebraucht. Derzeit sind es schon 55 Prozent, in einigen Jahren wird der Anteil auf über 70 Prozent steigen. Das Geld fehlt dann für notwendige Investitionen und sinnvollen Dienstbetrieb. Schon derzeit läuft dieser sehr eingeschränkt ab: So ist etwa der Treibstoff für Panzer rationiert, Übungen für Grundwehrdiener können oft nicht stattfinden, weil dabei Überstunden anfallen würden.

Auch Investitionen wären notwendig: So müssten etliche Kasernen dringend renoviert werden. Und auch die Soldaten, die in internationale Einsätze gehen, könnten eine modernere Ausrüstung benötigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2013)

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