Kritische Tage im von der Wirtschafts- und Finanzkrise sowieso gebeutelten Griechenland: Der linksgerichtete Musiker Pavlos Fyssas wurde von einem Mann aus dem Kreis der rechtsextremen Goldenen Morgenröte erstochen.
Athen. Nach der Ermordung des linksgerichteten Rappers Pavlos Fyssas in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch im Stadtteil Keratsini in Piräus durch einen Parteigänger der offen rechtsextremen Partei Goldene Morgenröte kam es zu Protestkundgebungen in ganz Griechenland. Bei Ausschreitungen in Athen wurden zahlreiche Menschen verletzt und 131 festgenommen. Ärzte sprechen von übertriebener Gewaltanwendung der Polizei.
Der 34-jährige Fyssas war unter dem Namen Killah P aufgetreten und galt als Antifaschist. Er war von einem 45-Jährigen erstochen worden, der in einem Parteilokal der Goldenen Morgenröte in der Cafeteria arbeitete. Das Begräbnis von Fyssas am Donnerstagvormittag verlief ohne Zwischenfälle, aber die Stimmung ist explosiv – eine Eskalation der Gewalt droht.
Premierminister beschwört Einigkeit
Ministerpräsident Antonis Samaras von den Konservativen (ND) hat den Ernst der Lage erkannt und versuchte Donnerstagmittag in einer kurzen Fernsehansprache die Wogen zu glätten. Er rief zur Einigkeit der Parteien und zum politischen Dialog auf und stellte abschließend fest, man werde den „Nachfahren der Nazis nicht erlauben, das Klima im Land zu vergiften“ und die Grundfesten der griechischen Demokratie auszuhöhlen.
Am Donnerstag kamen Details über die Bluttat ans Tageslicht, die eine direkte Verbindung des Verdächtigen, der den Mord angeblich gestanden hat, und der rechtsextremen Parlamentspartei herstellen. Die Polizei führte daher Hausdurchsuchungen in mehreren lokalen Büros der Goldenen Morgenröte durch.
Anlass für den Mord war demnach ein Streit seiner Freundesrunde in einem Lokal mit zwei bis drei Unbekannten. Diese dürften „Verstärkung“ angefordert haben, denn die Polizei fand etwa 30 mit Knüppeln ausgerüstete Rechtsextreme vor dem Lokal vor.
Frau wollte Spuren verwischen
Der Tatverdächtige war, wie die Polizei verlautbarte, zunächst nicht direkt an dem Streit beteiligt, sondern an dessen Schauplatz quasi beordert worden. Der Verdächtige und seine Frau waren auch direkt in die Parteiarbeit des lokalen Büros der Goldenen Morgenröte in Nikaia involviert, die Frau versuchte, belastendes Material aus ihrer Wohnung zu entfernen.
Die Goldene Morgenröte und ihr Parteiführer Nikos Michaloliakos wurden immer wieder mit Schlägertrupps, die vorwiegend auf Ausländer losgingen, in Verbindung gebracht – eine direkte Verbindung konnte lange nicht zweifelsfrei bewiesen werden. Die Partei hatte bei den vergangenen Parlamentswahlen im Juni 2012 rund sieben Prozent der Stimmen erhalten und ist mit 18 Abgeordneten im Parlament vertreten.
Parteilogo erinnert an Hakenkreuz
Seitdem setzt sich die Partei, deren Logo schon Assoziationen zu einer Hakenkreuzfahne weckt, als Verteidigerin der Griechen gegen Ausländer und „Verräter“ – vor allem die Großparteien als Verteidiger der Sparpakete – und als Beschützerin des kleinen Mannes in Szene. Und sie hatte Erfolg damit: Letzte Meinungsumfragen gaben ihr schon 13 Prozent der Stimmen, sie ist zurzeit die drittstärkste Partei des Landes.
Wenig beachtet blieben international ihre antikommunistischen Aktivitäten, die genauso zum Profil der Partei gehören wie ihre Ausländerfeindlichkeit. Erst vergangenes Wochenende setzten sie sich im Ort Meligalas auf dem Peloponnes in Szene. Dort war es am Ende der deutsch-italienisch-bulgarischen Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg zu einem Massaker des linken Widerstandes an Mitgliedern der mit den Deutschen kooperierenden Sicherheitsbataillone gekommen. Die Goldene Morgenröte paradierte aus diesem Anlass mit Hunderten ihrer Parteisoldaten in Kampfanzügen – eine offensichtliche Kriegserklärung an die parlamentarische Demokratie.
Ministerpräsident Samaras appellierte daher nicht zufällig bei seiner Ansprache an die Einigkeit der Parteien. Damit ging er auch auf Distanz zu Stimmen in seiner Partei, die die Linksopposition unter Alexis Tsipras mit der extremen Rechten in eine Schublade stecken.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2013)