Athen: Justiz eröffnet Kampf gegen Neonazis

Athen Justiz eroeffnet Kampf
Athen Justiz eroeffnet Kampf(c) REUTERS (YANNIS BEHRAKIS)
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Nach dem Mord an einem linkem Rapper wurde die Führungsspitze der Partei Goldene Morgenröte festgenommen. Sie sei eine "kriminelle Vereinigung."

Athen. Ihr altgriechisches Parteisymbol ähnelt wohl nicht zufällig dem Hakenkreuz, der Hitlergruß ist unter Mitgliedern üblich und „Mein Kampf“ Pflichtlektüre. In Umfragen lag sie, die griechische Neonazi-Partei Goldene Morgenröte (Chrysi Avgi), lange bei bis zu 14 Prozent. Das war aber vor dem politischen Mord an dem linken Rapper Pavlos Fyssas, der in der Vorwoche Griechenland erschütterte. Nach der Gräueltat durch ein mutmaßliches Mitglied von Chrysi Avgi fielen die Neonazis auf knapp unter sieben Prozent zurück.

Der Mord dürfte auch die griechische Justiz wachgerüttelt haben: Am Samstag ließ sie die Spitze der Goldenen Morgenröte festnehmen, darunter auch Parteichef Nikolaos Michaloliakos, seinen Pressesprecher und weitere Abgeordnete. Ihnen wird die Bildung einer „kriminellen Vereinigung“ vorgeworfen. Totschlag, Erpressung und schwere Körperverletzung sollen laut Anklage auf ihr Konto gehen.

In den vergangenen Monaten hatten sich Berichte über Übergriffe durch kahl geschorene Schlägertrupps der Neonazi-Partei auf Migranten und Linke dramatisch gehäuft. Mitglieder der Goldenen Morgenröte sollen zudem von Einwanderern und Geschäftsinhabern  Schutzgeld kassiert haben. Medienberichten zufolge habe Parteichef Michaloliakos auch zumindest drei Waffen illegal gehortet.

Mit der Festnahmewelle löst die Justiz ein Versprechen von Premier Antonis Samaras ein: Griechenland werde „den Epigonen der Nazis nicht gestatten, das soziale Leben zu vergiften“, hatte er nach dem Mord an Rapper Fyssas erklärt. Die „Sturmabteilungen“ würden „zerschlagen“.

„Blut und Ehre“. Die Zerschlagung droht aber die politische Krise in Athen zu verschärfen. Chrysi Avgi hatte bereits am Donnerstag für den Fall weiterer juristischer Schritte mit dem Auszug ihrer 18 Abgeordneten aus dem Parlament gedroht, was Nachwahlen in den betroffenen Regionen zur Folge hätte.

Noch am Samstag versammelten sich hunderte Anhänger der Neonazis vor der Polizeidirektion in Athen und skandierten in Reaktion auf die Festnahmen „Blut und Ehre – Chrysi Avgi“.

Goldene Morgenröte

Die griechische Neonazi-Partei "Goldene Morgenröte" wurde 1993 gegründet. Ihr Zeichen ist der Mäander, ein altgriechisches Symbol, das einem auseinandergezogenen Hakenkreuz ähnelt.

Die Partei bestreitet den Holocaust. Pflichtliteratur für Parteimitglieder ist "Mein Kampf" von NS-Diktator Adolf Hitler. Auch der Hitlergruß ist üblich. Ein Markenzeichen der Neonazis sind Fackelzüge.

Gründer und Entscheidungsträger ist der heute 56 Jahre alte Nikolaos Michaloliakos. Die Partei hat eine militärische Gliederung mit sogenannten Sturmbataillonen (Tagmata Efodou). Sie fällt mit Gebietsansprüchen auf Nachbarstaaten sowie durch Ausländerfeindlichkeit auf. Bis zum Beginn der schweren Finanzkrise in Griechenland war sie bedeutungslos. Das änderte sich nach den harten Sparmaßnahmen der Regierung. Ein weiterer Grund für wachsende Popularität ist die große Zahl von Migranten, die nach Griechenland kommen.

Der rechtsradikalen Partei gelang es, bei der letzten Parlamentswahl im Juni 2012 knapp sieben Prozent der Stimmen zu erreichen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2013)

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