Generalvollmacht für Wiens ÖVP-Chef

OEVP-VORSTAND: JURACZKA
OEVP-VORSTAND: JURACZKAAPA/GEORG HOCHMUTH
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Der Parteivorstand beschließt: Die Wiener ÖVP muss sich inhaltlich und personell neu aufstellen. Für die Reform wird Chef Manfred Juraczka mit mehr Macht ausgestattet.

Wien. Wie geht die Wiener VP mit dem bescheidenen Ergebnis bei der Nationalratswahl um (14,4 Prozent, also minus 2,34 Prozentpunkte)? Und mit der neuen Konkurrenz in Pink in Hinblick auf die Gemeinderatswahl 2015? Diese Fragen standen in der Nacht auf Mittwoch im Zentrum der Sitzung des Wiener VP-Parteivorstandes.

Der wichtigste Beschluss: Die Stadtpartei muss für 2015 personell, strategisch und inhaltlich neu aufgestellt werden. VP-Chef Manfred Juraczka wurde dafür eine umfangreiche Vollmacht erteilt, wie er der „Presse“ bestätigt. Er hat in Personal- und Strategiefragen völlig freie Hand – die Bünde müssen sich ihm unterordnen (was bei der ÖVP selten ist). Erste Ansage des vom Vorstand mit mehr De-facto-Macht ausgestatteten Parteichefs: Man werde den Kampf um die bürgerlichen Wähler, vor allem die jüngeren, voll aufnehmen. Es gebe auch konkrete Pläne, so Juraczka. Man sei aber nicht soweit, diese Maßnahmen offiziell zu präsentieren.

Rezept gegen Neos

Die ÖVP müsse jedenfalls „jünger“ werden. Das hat der Parteivorstand nach „Presse“-Informationen einstimmig festgehalten. Ansonsten würden die Neos 2015 ein massives Problem darstellen. Einen konkreten Vorschlag fürs neue Profil liefert Veronika Mickel, die als „modernes Gesicht“ der Stadt-Partei gilt. Die Bezirkschefin der Josefstadt will mehr Konzentration auf junge Selbstständige, Startups und Firmen im Kreativbereich – „da haben wir Meter verloren“. Dass die (Bundes-)VP im Wahlkampf dynamischer, frischer hätte auftreten müssen, habe man auch ohne Neos und schon vorher gewusst, sagt Mickel. Für 2015 setze sie (trotz einem Minus von 5,3 Prozentpunkten am Sonntag) in ihrem Bezirk ohnehin „auf die richtigen Themen“, wie sie sagt: Ökologisierung, alternative Mobilität, Verkehrsberuhigung, Carsharing, Anrainerparken. Man könnte sagen: In der Josefstadt ist die ÖVP eigentlich recht grün.

Abgesehen von der unterschätzten Konkurrenz in Pink ist man in der Partei mit dem Wahlergebnis übrigens gar nicht so unzufrieden: durchwachsen, aber akzeptabel, hieß es in der Sitzung. Das Minus liege im Trend der Bundespartei, das große Angebot für bürgerliche Wähler habe halt besonders in Wien gebremst. Kritik an den Wiener Spitzenkandidaten gab es in der Sitzung nicht. Staatssekretär Sebastian Kurz habe rund 15.000 Vorzugsstimmen erreicht. „Ohne ihn hätte es bei den Jungen noch schlechter ausgesehen“, meint ein VP-Mann. Und Brigitte Jank sei eben ein Signal an die Wirtschaft gewesen.

Eine „Provinzpartei“?

Lautstarke Kritik hört man dagegen, wie berichtet, aus der Wiener Innenstadt, wo die ÖVP-Verluste dramatisch und die Neos-Zugewinne die höchsten waren. Bezirkschefin Ursula Stenzel hatte vor der Sitzung Juraczka verbal attackiert und die Verantwortung für das City-Wahlergebnis von sich gewiesen. „Der Abwärtstrend in Wien ist nicht gestoppt, sondern verstärkt worden“, sieht sie (im Gegensatz zum Partei-Vorstand) das Wien-Ergebnis dramatisch. Das müsse zu denken geben: „Ohne die Bundesländer abwerten zu wollen: Man kann die ÖVP nicht zu einer Provinzpartei degradieren“, so die City-Chefin zur „Presse“. Warum die liberalen Neos gerade im konservativen ersten Bezirk so massiv bürgerliche Wähler ansprechen? Es gehe nicht um konservativ oder gesellschaftspolitisch liberal“, meint Stenzel. Vielmehr hätten die Neos Erneuerungswillen gezeigt, während „die ÖVP im Funktionärsschema erstarrt ist.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2013)

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