Brüssel fordert von den EU-Staaten Solidarität ein, verabsäumt es aber, konkrete Regeln auszuarbeiten.
Brüssel/Wien. Die Rufe nach verstärkter Solidarität von EU-Staaten bei der Unterbringung von Flüchtlingen werden nach dem Drama vor Lampedusa lauter. „Europa als Ganzes hat eine Verantwortung“, sagte Regionalkommissar Johannes Hahn gestern, Donnerstag. Auch der Sprecher der zuständigen Innenkommissarin Cecilia Malmström mahnte zum Zusammenhalt: Kein Land könne die Situation allein meistern. Einen Lösungsvorschlag hatte er aber nicht.
Italien und andere Mittelmeerländer fordern von Brüssel schon lange europaweite Regeln für eine gerechte Aufteilung der Flüchtlinge, sind damit bisher aber abgeblitzt. Nach der geltenden Dublin-Verordnung ist jener EU-Staat, in dem ein Flüchtling landet, für den Asylantrag verantwortlich. Es gibt zwar eine temporäre Schutzklausel, die Migranten kollektiv Asyl einräumen würde. Diese darf aber nur bei einem Flüchtlingsansturm eingesetzt werden, wobei dafür keine Schwellenwerte existieren. Das Instrument wurde deshalb noch nie angewandt. Die Präsidentin der italienischen Abgeordnetenkammer, Laura Boldrini, warnte ob des ungelösten Problems gestern vor einer „Globalisierung der Gleichgültigkeit“. (ag./red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2013)