Attacke auf Amazon: Ebay will Waren in einer Stunde liefern

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Große Internetunternehmen ringen um den Markt für Sofortlieferungen. Wer über eBay Produkte aus der Umgebung kauft, soll sie künftig in einer guten Stunde nach Hause geliefert bekommen. Ein Frontalangriff auf Amazon.

Wien. Genau zwei Monate vor Weihnachten rüsten sich die weltgrößten Onlinehändler für ihre einträglichste Jahreszeit. Der größte Wurf gelang dabei eindeutig eBay-Chef John Donahoe: Sein Unternehmen will in Zukunft Waren, die via eBay gekauft werden, innerhalb einer guten Stunde zu den Käufern nach Hause liefern. Damit schlägt der Mann, der das frühere Online-Auktionshaus binnen fünf Jahren zu einem schlagkräftigen Handelskonzern gemacht hat, seien Erzrivalen Amazon genau da, wo es wehtut.

Denn auch der Platzhirsch im Internethandel weiß, dass neun von zehn Onlinekäufern vor allem eines stört: die Lieferzeit. Notwendig wäre das nicht. Denn 75 Prozent aller Waren, die gekauft werden, sind knapp 25 Kilometer von den Kunden entfernt zu finden, teilte eBay mit. Nicht zuletzt deshalb experimentiert auch Amazon in Seattle seit einigen Jahren mit seinem Sofortlieferservice Amazon Fresh. Auch andere Internetgrößen wie etwa Google haben es schon länger auf das Liefergeschäft abgesehen und bieten in einigen amerikanischen Städten Einkaufs- und Lieferservices an. Doch ihnen allen ist eines gemeinsam: Sie fahren mit eigener Flotte und sind daher teuer und vergleichsweise unflexibel.

Ebay verzichtet auf eigene Kuriere

Der neue Ansatz von eBay ist komplett anders. Statt den Kunden wie bisher eigene Kuriere vorbeizuschicken, die Produkte (praktisch alles, was in ein Auto passt) aus Geschäften in der Umgebung abholen, soll die Lieferung künftig über das britische Start-up Shutl laufen. Das Unternehmen, das unter anderem vom Paketdienst UPS gegründet wurde, ist im Kern eine Software, die eine eigene Lieferflotte überflüssig macht – und es gehört seit gestern eBay.

Shutl sammelt alle Aufträge und Routen von lokalen Kurierdiensten und sucht automatisch nach einem Boten, der gerade in der Nähe ist und einen zusätzlichen Auftrag zum richtigen Preis übernehmen könnte. In einer guten Stunde – oder zu einem vereinbarten Zeitpunkt – werden die Waren geliefert. Noch heuer soll der Sofortlieferdienst eBay Now in Chicago und Dallas angeboten werden. Im kommenden Jahr sollen 24 weitere Großstädte folgen – auch in Europa. Ob Wien darunter sein wird, ist nicht bekannt.

91 Prozent aller Käufe im Geschäft

Die Stoßrichtung von eBay ist jedoch klar. Da Amazon aufgrund seiner schieren Größe im Internet kaum zu schlagen ist, sucht das Unternehmen nach Wegen, den Rivalen da zu treffen, wo er nicht so stark ist: auf der Straße. Amazon hat sich zwar um viel Geld ein dichtes Netzwerk an riesigen Lagerhallen in der Nähe von Metropolen aufgebaut, hat mit der schnellen Lieferung aber immer noch Probleme. Das Sofortlieferservice Amazon Fresh kam nie über die Beta-Phase hinaus. „Wir müssen das Geschäft noch wirtschaftlicher machen“, sagt Amazon-Chef Jeff Bezos. Und wenn er das sagt, will das etwas heißen. Denn Amazon macht zwar seit Jahren enorme Umsatzsprünge, aber de facto keinen Gewinn, weil alles Geld in die Expansion wandert.

Auch eBay wird mit dem Sofortlieferdienst nicht das schnelle Geld verdienen. Strategisch richtig ist der Schritt dennoch. Erstens brauchte eBay eine Erfolgsmeldung, nachdem Donahoe einräumen musste, dass die Prognose für das Weihnachtsgeschäft eher düster ist. Zweitens ist es eine reale Chance, das lokale Liefergeschäft an sich zu reißen. Gelingt dieses Kunststück, kann eBay dem Internet endgültig entwachsen und auch bei lokalen Einkäufen mitschneiden. Immer noch ein Riesengeschäft, kaufen doch allein die Österreicher 91 Prozent ihrer Produkte offline – meist beim Händler ums Eck.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2013)

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