BMW i3: So fährt Premium-Elektro

BMW i3, Elektroauto
BMW i3, Elektroauto(C) Werk
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Eine derzeit einzigartige Erscheinung in der Autowelt: BMW vereint im i3 die Finessen eines Premiumherstellers mit der Bescheidenheit elektrischer Reichweite. Nach sehr flotter Fahrt klären wir die wichtigsten Fragen.

1. Da es ein BMW ist, gleich zum Wesentlichen: Wie fährt sich der i3?

Vergleiche greifen zu kurz: Der i3 beschleunigt wie ein Sportwagen, ist aber keiner. Man gewinnt jedes Ampelduell, erregt mangels Motorgeräuschs dabei aber kein Aufsehen. Es ist verlockend, bei jeder Gelegenheit einen Sprint einzulegen – Mitreisenden bleibt dabei nahezu die Luft weg...

2. Mit 125 kW Leistung ist der i3 ja auch üppig motorisiert...

170 PS sind für ein 1,2-Tonnen-Auto – leichter als ein Golf – schon vielversprechend. Das ist nicht alles: Es gehört zur Charakteristik von E-Motoren, dass sie ihr Drehmoment – in dem Fall 250 Newtonmeter – spontan bereitstellen, also nicht erst Drehzahlen aufbauen müssen wie Verbrennungsmotoren. Dazu kommt der extrem tiefe Schwerpunkt des Autos: Die Akkus, als schwerster Einzelbauteil, stellen die Bodengruppe dar (auf der die Fahrgastzelle sitzt). Das höchste Gewicht sitzt damit der Straße am nächsten. Folge: Hervorragende Traktion der angetriebenen Hinterachse. Da quietschen und zirpen keine Reifen – stattdessen macht die Fuhre auf jeden Tipper am Fahrpedal hin einen kräftigen Satz vorwärts. Was süchtig macht...

3. Auf Sucht folgt meist der Entzug: Wie lange hält der Spaß?

Die Reichweite – unverändert ein kritischer Punkt. BMW nennt 130 bis 160 Kilometer für den i3. Auf unseren Testfahrten (bei sehr freudvollem Einsatz der Beschleunigung) ermittelten wir 140 km. Extreme Hitze oder Kälte können die Reichweite empfindlich reduzieren. Für den städtischen Alltagsbetrieb sollte das dennoch reichen. Viele Autofahrer erledigen damit statistisch ein Wochenpensum. Voraussetzung: der Zugang zu einer Ladestation – im Idealfall zu Hause, bei der man das Auto am Abend an die Steckdose hängt.

4. Gibt es nicht die Möglichkeit, die Reichweite zu erhöhen?

BMW bietet den i3 (ab 35.700 Euro) auch mit „Range Extender“ an. Diese 40.400 Euro teure Variante hat einen kleinen Benzinmotor im Heck, der wie ein Notstromgenerator bei Bedarf anspringt und die Akkus lädt (also nicht direkt antreibt). Mit neun Litern Tankinhalt erhöht der Range Extender die Reichweite auf 300 km.

5. Ist der i3 mit Range Extender also die klügere Variante?

Man gewinnt den Eindruck, BMW möchte mit dieser Option bloß nervösen Fahrertypen die „Range Anxiety“ nehmen – die Angst vor dem Liegenbleiben. Die Grundidee besteht aber im rein elektrischen und, je nach Herkunft des Stroms, emissionsfreien Betrieb des Autos. Nach jeder Menge Feldversuchen ist BMW zu dem Schluss gekommen, dass die angebotene Reichweite für das Gros der Fahrten absolut ausreicht. Im Hinterkopf mag man ergänzen: Der i3 wird nicht das einzige Auto im Haushalt sein.

6. Sieht der i3 einem Schicksal als klassisches Zweitauto entgegen?

Es wäre schade, ihn darauf zu reduzieren. Sein spezieller Mix an Talenten macht ihn zu einer einzigartigen Erscheinung in der Autowelt. Und: Im Sinne der Nachhaltigkeit bedeutet E-Mobilität auch Verzicht auf die totale Verfügbarkeit von allem. Wer ein E-Auto fährt, ist eher bereit, sein Mobilitätsverhalten anders, bewusster zu gestalten. BMW hat den i3 sicherheitshalber mit so viel Power und Lifestyle-Appeal ausgestattet, dass er dennoch nicht in die fade Öko-Ecke weist. Premium lautet die Devise.

7. Was bedeutet das konkret?

Eine Fahrgastzelle aus CFK haben sonst nur Supercars. Neben hoher Steifigkeit und geringem Gewicht bringt sie auch einen unverstellten Zugang ins Innere, da die B-Säulen entfallen. Der Innenraum ist sensationell luftig und mit neuartigen Materialien eingerichtet. Das Leder ist mit Enzymen aus Olivenblättern naturgegerbt, vieles rezykliert.

8. Stichwort „Cost of Ownership“.

Auspuff, Kupplung, Lichtmaschine, Turbo: Viele Verschleißteile entfallen, selbst Bremsscheiben sollten ewig halten – zum Bremsen reicht es (dank Energierückgewinnung), wenn man vom Gas geht. Die Energiekosten betragen etwa ein Viertel von Benzin- oder Dieselautos.

9. Baut BMW bald nur noch E-Autos?

Das Geld verdienen immer noch große und starke Autos, die auf der ganzen Welt gefragt sind. Aber mit der E-Mobilität tut sich eine Nische auf, die – zumal mit Premiumattitüde – bald lukrativ werden dürfte. Zudem brauchen Hersteller alternative Antriebe im Angebot, um strenge CO2-Ziele zu erreichen.

10. Was macht die Konkurrenz?

Audi hat das Thema völlig verschlafen und dafür einen Vorstand gefeuert. Mercedes bringt 2014 die elektrische B-Klasse mit Akkutechnik von E-Pionier Tesla.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2013)

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