Zielpunkt: Sortiment speziell für Migranten

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Die Pfeiffer-Gruppe übernimmt die verschuldete Diskontkette Zielpunkt 2014 vollständig.

Wien. Die Übernahmeoption hat es erstmals schon vor zwei Jahren gegeben, als die oberösterreichische Pfeiffer-Handelsgruppe (Unimarkt, Nah & Frisch) sich mit 24,9 Prozent an der verschuldeten Diskontkette Zielpunkt beteiligte.

Jetzt, da das Sanierungsprogramm auf Schiene und die Neuausrichtung weg vom Diskonter und hin zum klassischen Supermarkt beschlossene Sache ist, macht Pfeiffer Nägel mit Köpfen und übernimmt Zielpunkt mit 1. März 2014 gänzlich – sofern die Bundeswettbewerbsbehörde keine kartellrechtlichen Bedenken äußert. Damit ist der bisherige Mehrheitseigentümer, die BOW Beteiligungs GmbH des Pfeiffer-Anwaltes Gerald Schmidsberger, aus dem Spiel. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.

Mit dieser Investition bringt sich die Pfeiffer-Gruppe zumindest in einigen Regionen als ernst zu nehmender Konkurrent für die beiden Platzhirsche im Lebensmitteleinzelhandel, Rewe und Spar, in Stellung. Pfeiffer betreibt neben den 263 Zielpunkt-Filialen (140 davon in Wien) 125 Unimarkt-Standorte und elf Großhandelsmärkte (C+C Pfeiffer). Als Großhändler beliefert Pfeiffer 300 Nah & Frisch-Filialen. „Was die Verkaufsfläche betrifft, kann Pfeiffer regional mit Rewe und Spar mithalten. Was die Umsätze betrifft, aber nicht“, sagt Regioplan-Marktforscher Wolfgang Richter. Die Filialen befänden sich nicht immer in bester Lage.

Hoher Migrantenanteil

Nicht zuletzt deshalb dürfte sich Pfeiffer-Geschäftsführer Erich Schönleitner eine Strategie ausgedacht haben, die Zielpunkt zumindest ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber der Konkurrenz verschaffen würde: „Über 15 Prozent der Kunden von Zielpunkt sind Migranten“, sagt Schönleitner.
Um diesen Anteil noch auszubauen, will Zielpunkt das Sortiment entsprechend erweitern. Die Beziehungen etwa zu türkischen oder kroatischen Lieferanten sollen vertieft werden. Bereits jetzt habe man einschlägige Marken im Sortiment, etwa bei Schokolade und Kaffee, Molkereiprodukten und Würsten. Vor Kurzem hat Schönleitner auch laut über ein Franchisekonzept bei Zielpunkt nachgedacht, das an bestimmten Standorten bevorzugt Franchisenehmer mit Migrationshintergrund einsetzen würde.

„Das ist insofern logisch, als einige Wiener Zielpunkt-Standorte einen hohen Migrantenanteil aufweisen. Aber es besteht die Gefahr, dass man inländische Kunden vergrault“, sagt Marktforscher Richter. Denn gerade in den Bezirken mit hohem Ausländeranteil sei absehbar, dass die heimischen Zielpunkt-Kunden „eher sensibel“ auf Regalflächen voll türkischer Produkte reagieren würden. „Da braucht es ein diffiziles Marketing.“

2015 wieder schwarze Zahlen

„Zielpunkt war für uns eine der letzten verbliebenen Chancen, in das Vollsortimentergeschäft einzusteigen“, sagt Schönleitner. Jetzt, da die Sanierung gut verlaufe, habe man im Konzern den nötigen Rückhalt, um die Anteile guten Gewissens auf 100 Prozent aufzustocken. Per Ende Februar 2013 wies Zielpunkt immer noch ein negatives Eigenkapital von rund 13 Millionen Euro aus. Bis Ende 2015 soll die Handelskette wieder schwarze Zahlen schreiben.

Auf einen Blick

Pfeiffer-Gruppe. Das Know-how des 1862 gegründeten Familienunternehmens liegt im Lebensmittelgroßhandel. So beliefert die Pfeifer-Gruppe etwa 300 Nah & Frisch-Filialen. Mit 125 Unimarkt-Filialen und dem ab März 2014 auf 100 Prozent aufgestockten Zielpunkt-Anteil (263 Filialen) baut sich Pfeiffer ein Standbein im Lebensmitteleinzelhandel auf. Die Pfeiffer-Gruppe erwirtschaftete 2012 einen Umsatz von 770 Mio. Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2013)

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