Österreichs Bischöfe gestehen ein, dass die Kirche für die Übergriffe gegen Juden eine Mitverantwortung trägt.
Die katholische Kirche trägt eine Mitverantwortung an den Übergriffen gegen Juden und ihre Einrichtungen. Diese ungewohnt deutlichen Worte stammen aus einer Erklärung der österreichischen Bischöfe anlässlich der Novemberpogrome von 1938, die sich am Samstag zum 75. Mal jähren. "Wir sehen heute klar, dass auch die Kirche durch Akzente ihre Verkündigung im Sinn einer Verachtung des Judentums mitverantwortlich für jenes Klima war, in dem sich der nationalsozialistische Antisemitismus ausbreiten konnte", heißt es in dem bei der Herbsttagung der Bischofskonferenz beschlossenen Text.
Die Kirche habe im Jahr 1938 nicht erkannt, "dass sich ihr christlicher Glaube aus jüdischen Wurzeln nährt", heißt es in einer Aussendung der "Kathpress" vom Freitag. Daneben haben die Kirche auch in ihrer damaligen Theologie und "in der Liebe versagt, denn es waren unsere Nächsten, die unschuldig Opfer des gewalttätigen Antisemitismus wurden", so die Bischöfe. Einzelne Christen hätten zwar den Mut gehabt, zu helfen, "aber es waren viel zu wenige".
Bevor es um den 9. November 1938 zur Verbrennung von Synagogen, zur Zerstörung jüdischer Häuser und Geschäfte sowie zur Verfolgung, Verhaftung und Ermordung von Juden gekommen war, hätte es vor allem in Wien "eine große jüdische Gemeinde, ein blühendes und die Gesellschaft inspirierendes Leben" gegeben. "Wenn sich die Kirche heute dieser Ereignisse erinnert, dann steht sie an der Seite der jüdischen Gemeinde", wird in der Aussendung betont.
Eingeräumt wird weiters, dass die Kirche erst mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil vor 50 Jahren "im Judentum die Wurzel ihres Glaubens wieder entdeckt" habe. Denn sollte der jüdische Glauben zerstört werden, "verlieren wir Christen jene Kraft, die uns nährt und aus der wir leben". Heute, so betonten die Bischöfe, sei man jedenfalls froh und dankbar für die Freundschaft mit den jüdischen Gemeinden.
9.November 1938. Die verwirrende Geschichte der drittgrößten Synagoge Wiens in der Sechshauser Vorstadt. In der Katastrophennacht brannte der Turnertempel völlig aus.
In der Nacht von 9. auf 10. Oktober 1938 waren sie zwischen zehn und 14 Jahre alt. Rudi Gelbard, Vilma Neuwirth, Walter Fantl-Brumlik und Karl Pfeifer über ihre Erinnerung an jene Nacht.
Ich hatte als erste Stunde Turnen. Ich schnürte mir die Turnschuhe. Ich wusste, ich würde an diesem Morgen die Schule nicht sehen. Dann läutete die Türglocke. Einmal. – Vor 75 Jahren: Novemberpogrom 1938 in Wien.
Die jüdische Bevölkerung beklagt eine Zuspitzung. Drei von vier in der Europäischen Union lebenden Juden glauben, dass Antisemitismus in ihrem Land im Laufe der vergangenen fünf Jahre zugenommen hat.
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