Schwimmverband: Von Kontoöffnungen und Jagdausflügen

(c) APA (Hans Klaus Techt)
  • Drucken

Die Vorwürfe gegen den österreichischen Schwimmverband scheinen auch auf politischen Strategien und persönlichen Interessen zu beruhen, sachliche Vorwürfe treffen nur zum Teil zu. Diese Affäre gleicht einer Inszenierung.

Wien. Am 10. und 11.September 2012 öffnete offenbar ein dazu nicht berechtigter Mitarbeiter der Bank Austria ein Konto des Österreichischen Schwimmverbandes (OSV). Der „Presse“ liegt ein Schreiben der Abteilung „legal affairs“ der BA an den OSV vom 3.Oktober 2012 vor, das die „Bankgeheimnisverletzungen“ bestätigt und mitteilt, „dass personelle Konsequenzen aus diesen bereits gezogen wurden“. Der ehemalige OSV-Finanzreferent, Walter Benesch, bestätigt diesen Vorfall.

Warum macht jemand so etwas? Vielleicht, weil am 15.September 2012 beim OSV-Verbandstag ein neuer Präsident gewählt werden sollte? Damals stand der Verband – wie nun erneut – heftig in der Kritik, zum Beispiel durch Dinko Jukić, der bei einem Meeting Funktionäre beschimpft hatte und folglich vom Verband gesperrt worden war.

„Auskünfte“ über den OSV

Das Verbandsgericht stellte am 28.Jänner 2013 zwar fest, das Verhalten der Herren Jukić und N.N. sei „dahingehend zu beurteilen“, einen Angestellten der Hausbank des OSV dazu „angestiftet“ zu haben, „Auskünfte über Kontobewegungen des OSV zu erteilen“. Da das Gericht aber nicht zuständig sei, lehnte es einen Antrag auf Durchführung des Verfahrens ab. Die Bank erklärte am 2.Dezember 2013, sie könne wegen „der Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses zu einzelnen Kunden und deren finanziellen Gebaren keinerlei Auskunft erteilen“.

Fünf Tage später, am 15.September 2012, wurde überraschenderweise nicht Lobbyist David Ungar-Klein zum Nachfolger des zurückgetretenen Präsidenten Paul Schauer gewählt, sondern der Gewerkschafter Christian Meidlinger. Er trat am 4.August dieses Jahres zurück. Seither agiert Birgit Fürnkranz-Maglock als Vorstandssprecherin.

Am Samstag steht wieder eine OSV-Wahl an. Und es hagelt massive Vorwürfe gegen Funktionäre.

Ein Vorwurf der Malversation betrifft die 2005 (aus Sponsormitteln) gegründete Pool GmbH. Sie ersetzte den Pool-Verein und ist wie bei anderen Vereinen (ÖFB, ÖOC, Sturm Graz, Austria) zur Verwaltung der Sponsorgelder gedacht. Generalsekretär Thomas Gangel führte bis November 2011 die Geschäfte und erhielt nach einem Vorstandsbeschluss für die Arbeit und Haftung bei der GmbH zwei Bezüge. Seit seinem Abschied von der GmbH im November 2011 erhält er ein Gehalt vom Verband. Die GmbH führt der ehemalige Finanzvorstand des Verbandes, Walter Benesch, gegen Bezahlung.

Hat Gangel seiner Frau, der Physiotherapeutin Margit Gangel, OSV-Aufträge zugeschanzt? Er sagt Nein. Gangels Schwiegermutter, eine pensionierte Buchhalterin, ersetzt als Teilzeitkraft die ehemalige, von einem Tag auf den anderen gegangene Buchhalterin, sagt der Verband. Das Dienstauto für den Generalsekretär? Für einen Sportmanager, der in Österreich (und darüber hinaus) Wettkämpfe organisiert und Termine wahrnimmt, wohl kein übertriebener Luxus.

Auch die Veranlagung von OSV-Geldern auf privaten Konten wird hinterfragt. Fördergelderabrechnungen werden vom Ministerium auf den Cent genau geprüft. Die Buchhaltung der OSV-GmbH wird von einem Steuerberater geführt und laufend kontrolliert. Laut GmbH-Gesetz muss jedes Jahr eine testierte Bilanz hinterlegt werden. Seit 2012 ist der OSV bilanzpflichtig, da sein Umsatz mehr als eine Million Euro beträgt. Eine Prüfung des Finanzamts (2012) und eine Kontrolle der Kanzlei Consultatio (2009–2011) ergaben keinen Hinweis auf missbräuchliche Verwendung von Förder- oder Sponsormitteln. Eine Ausweitung des Prüfzeitraums kann freilich nie schaden.

Keine nachträgliche Erlaubnis

Man mag manches intransparent oder fragwürdig finden, aber kriminell ist es erst, wenn das ein ordentliches Gericht festgestellt hat.

Und die Inszenierung? 13.September 2012, zwei Tage nach der angeblichen Kontoöffnung im Büro von Ungar-Klein. Der (inzwischen vom OSV gekündigte) Schwimmtrainer Walter Bär beredet mit dem Gastgeber, Dinko Jukić und N.N. die Präsidentenwahl am 15.September. N.N. sagt Bär, man verfüge über Unterlagen von OSV-Konten. Bär unterrichtet daraufhin Benesch. Eine verbandsinterne Untersuchung beginnt.

Protokoll vom 21.September 2012, OSV-Büro: N.N. bittet in Anwesenheit Beneschs, des OSV-Anwalts Anton Ehm und Gangels um Unterzeichnung einer nachträglichen Rechtfertigung der Kontoöffnung, da sonst der angestiftete BA-Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz verlieren könnte. Gangel lehnt ab.

Ungar-Klein wollte zu der Sache nichts sagen. Er ist in Industriellenvereinigung und ÖVP-vernetzt, gründete mit der Austria Telekom seine Firma Com.sult und veranstaltet jährlich einen Kongress, bei dem Prominente wie Lech Walesa, Bill Gates und der israelische Rechtsaußen-Politiker Avigdor Lieberman sprachen. 2007 nahm Ungar-Klein eine Jagdeinladung von Alfons Mensdorff-Pouilly im Schloss Luising wahr. Er streifte mit dem späteren Telekom-Kronzeugen Gernot Schieszler, Immobilieninvestor René Benkö, Hans-Georg Schiebel (Peter Pilz im Korruptions-U-Ausschuss am 21.März 2012: „der Gaddafi mit Drohnen versorgt“), ÖIAG-Chef Markus Beyrer und dem Kabinettschef des (ÖVP-geführten) Innenministeriums, Philipp Ita, durch die Fluren.

Die Grafik von Geldflüssen

2012 wollten Ungar-Klein und Jukić den Wasserballwart Oliver Kölli für ihre Liste gewinnen. Wasserballer bringen ob ihrer großen Zahl die meisten Stimmen. In der Kanzlei von Köllis Anwalt zeichnete Ungar-Klein Grafiken von OSV-Geldflüssen auf. Kölli: „Ich kann nicht mehr sagen, woher diese Unterlagen stammen.“ Kölli, Schulleiter und Sachverständiger für straffällig gewordene Jugendliche, beendete die Arbeit im OSV.

Fürnkranz war eine Woche lang nicht erreichbar, N.N. und Jukić verweigerten eine Stellungnahme. Die Anonymität von N.N., der keine Person öffentlichen Interesses ist, wird gewahrt.

AUF EINEN BLICK

Beim OSV-Verbandstag wird am Samstag der neue Präsident des Schwimmverbandes gewählt. Der Vorstand des OSV nominierte Stefan Miklauz, 34, als offiziellen Kandidaten. Auch der Ex-Sportklub-Präsident Udo Huber bekundete Interesse.

Nach Christian Meidlingers Rücktritt im August leitet Birgit Fürnkranz-Maglock den Verband interimistisch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.12.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

JUKIC UND OSV LEGEN UNSTIMMIGKEITEN BEI: SCHROeKSNADEL/JUKIC/FUeRNKRANZ-MAGLOCK
Mehr Sport

Die Flucht der Präsidentschaftskandidaten

Nach Udo Huber winkte auch Interimssprecherin Birgit Fürnkranz-Maglock ab. Sie zieht sich aus dem Verband komplett zurück, auch weil sie von Stefan Miklauz hart angegriffen wurde. Er sagt: "Sie hat versagt."
FUSSBALL - RL, Sportklub vs Rapid Amateure
Mehr Sport

Huber, Maglock: Keine Lust auf den Schwimmverband

Der ehemalige Sportclub-Präsident Udo Huber hat seine Kandidatur für das Amt des Präsidenten des Schwimmverbandes zurückgezogen. Auch Interimssprecherin Birgit Fürnkranz-Maglock tritt nicht an.
OSV-VERBANDSTAG ABGEBROCHEN: PUTZGRUBER
Sport

Schwimmverband: Wahl eines neuen Präsidenten gescheitert

Der außerordentliche OSV-Verbandstag ist nach weniger als einer Stunde abgebrochen worden.
Mehr Sport

Jukić stimmt über OSV-Präsidenten ab

Beim Verbandstag soll am Samstag ein neuer Präsident gewählt und der alte Vorstand entlastet werden. Dinko Jukić sitzt mittendrin, für Brisanz ist gesorgt.
OLYMPIA 2012 IN LONDON: SCHWIMMEN - JUKIC
Mehr Sport

Kurios: Jukic stimmt mit über neuen OSV-Präsidenten

Dinko Jukic, Feindbild des Verbandstags 2012, ist diesen Samstag Vereinsdelegierter. Acht Salzburger Vereine sind trotz gewonnenem Rechtsstreit aber nicht stimmberechtigt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.