SPÖ: „Keine Ideologie“ bei Privatisierungen

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Die SPÖ kann sich erstmals Verkäufe von Staatsanteilen vorstellen. Konkrete Ideen gibt es noch nicht.

Wien. Früher einmal war ein Budgetproblem vor allem eine Frage, wie viel Silber der Staat verkaufen will. Die ÖVP/FPÖ-Regierung lukrierte beispielsweise von 2000 bis 2006 etwas mehr als sieben Milliarden Euro aus dem Verkauf staatlicher Unternehmensbeteiligungen. Diese Summe trug wesentlich zum Erreichen des Nulldefizits und zur Sanierung des Budgets bei.

Auch heute könnte man das Budgetloch (zumindest jenes, auf das sich SPÖ und ÖVP geeinigt haben) mit einem Schlag stopfen, würde der Staat seine Anteile an Unternehmen verkaufen: das brächte 25 Milliarden Euro ein, errechnete das Wirtschaftsforschungsinstitut im Jahr 2010.

Realistisch ist ein solcher Schritt nicht, weil sich die SPÖ gegen einen „Ausverkauf des Staates“ (ÖGB) wehrt. Die Sozialdemokraten zeigen sich in den aktuellen Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP aber erstmals überhaupt zu Privatisierungen bereit: „Ich bin nicht grundsätzlich gegen Privatisierungen“, meinte Wiens Bürgermeister, Michael Häupl, am Montag. Man dürfe „keine Ideologie aus der Privatisierung machen“, so der mächtige Wiener SPÖ-Chef weiter.

Auch Bundeskanzler Werner Faymann sagte gestern, das Thema Privatisierungen sei eine „pragmatische Frage“. Es gehe nicht darum, dass man etwas „runterverkaufen“ wolle, sondern dass man dort tätig werde, wo es Sinn ergebe.

Und Sinn ergeben Verkäufe nach Informationen aus Regierungskreisen bei jenen Unternehmen, die derzeit von der ÖIAG verwaltet werden: der OMV, der Telekom Austria und der Post. An diesen Unternehmen hält der Staat 31,5 Prozent (OMV), 28,42 Prozent (Telekom) bzw. 52,8 Prozent (Post). Das Portfolio der ÖIAG ist insgesamt 5,8 Milliarden Euro wert. Ein Verkauf der Anteile auf eine Sperrminorität von 25 Prozent könnte eine bis 1,5 Milliarden Euro einbringen. Ein solcher Schritt würde aber nur zeitgleich mit einer grundlegenden Neuorganisation der ÖIAG erfolgen, vernimmt man aus Regierungskreisen.

Kapitalerhöhung könnte teuer werden

Auf konkrete Verkäufe hat man sich in den Verhandlungen noch nicht festgelegt, man diskutiere intensiv über Für und Wider von weiteren Privatisierungen.
Etwa bei der Telekom: Die SPÖ kann sich prinzipiell vorstellen, die Anteile um 3,4 Prozent auf 25 Prozent zu reduzieren. Das könnte den Staat aber zusätzlich Geld kosten. Denn bei der Telekom steht im kommenden Jahr eine Kapitalerhöhung an. Will die Regierung ihren künftigen Anteil von 25 Prozent nicht verwässern, muss sie die Kapitalerhöhung mitmachen und frisches Geld zuschießen. Wie teuer das werden kann, sah man 2010: Damals machte der Bund die Kapitalerhöhung des Verbunds mit und musste dafür 500 Millionen Euro in die Hand nehmen.

Bei der OMV geht es ebenfalls um die Frage von Anteilen. An dem Energieunternehmen ist der Staatsfonds von Abu Dhabi beteiligt, mit dem es einen Syndikatsvertrag gibt. Ein Verkauf könnte zu neuen Mehrheitsverhältnissen führen, er komme daher „aus meiner Sicht nicht infrage“, betonte Faymann. Für die OMV soll es vielmehr eine Sonderlösung geben, in die auch der Verbund eingebunden sein soll (an dem der Staat 51 Prozent hält).

Um wie viel der Bund seinen Anteil an der Post Richtung 25 Prozent reduziert, dürfte wesentlich von den Widerständen der Postgewerkschaft abhängen. Sie gilt als sehr mächtig und hat großen Einfluss auf die SPÖ.

ÖIAG soll neu ausgerichtet werden

Nicht zur Diskussion steht ein Verkauf der ÖBB und der Asfinag. In die „ÖIAG neu“ sollen auch nur Teile der Bahn gehen. Grundsätzlich will man die Industrieholding aufwerten. Die 116 Beteiligungen, die der Bund an Unternehmen hält, sollen hier zusammengefasst werden. Ein Konzept der ÖIAG nennt Finnland als Vorbild, in dem sämtliche staatsnahe Firmen in einer einzigen Holding verwaltet werden.

Derzeit verwalten in Österreich mehrere Ministerien die verschiedenen Beteiligungen (siehe Grafik). Die größten sind jene am Verbund, an den Bundesforsten und der Bundesimmobiliengesellschaft. Die Anteile reichen aber bis zur Großglockner Hochalpenstraße (79 Prozent) oder den Planai- und Hochwurzen-Bahnen (23 Prozent).

Die Neuorganisation der ÖIAG soll der Staatsholding mehr Rechte bei der Verwaltung der Anteile geben und auch die Möglichkeit, den An- und Verkauf von Anteilen an Staatsbetrieben selbst vorzuschlagen.

Reaktionen

Proteste gegen Privatisierungen. Noch sind es lediglich gut fundierte Gerüchte, dennoch machen die Betriebsräte von OMV, Post und Telekom bereits gegen die kolportierten Verkäufe von staatlichen Unternehmensbeteiligungen mobil. Ein solcher Schritt hätte „katastrophale Folgen für die betroffenen Unternehmen und den Wirtschaftsstandort Österreich“, hieß es in einer Aussendung der Betriebsratsvorsitzenden der drei betroffenen Unternehmen. Sie treten heute, Dienstag, in einer gemeinsamen Pressekonferenz gegen die kolportierten Privatisierungsvorhaben auf.
Ob man notfalls auch mit Kampfmaßnahmen reagieren werde, wollte am Montag noch niemand sagen. In einem offenen Brief wandte sich bereits Helmut Köstinger, Vorsitzender der Kommunikationsgewerkschaft GPF, an Bundes- und Vizekanzler. Aus „Verantwortung für die 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Post und A1 Telekom sowie im Interesse der Millionen Kunden“ weise man „mit allem Nachdruck“ darauf hin, dass ein Verkauf von Staatsvermögen „kurzsichtig und konzeptlos“ wäre.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2013)

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