Erst 2017 bahnt sich neue Konstellation in Berlin an.
Selbst zur Feier des Tages genehmigte sich die Regierungschefin, immerhin zum dritten Mal Kanzlerin, nur ein Glas Apfelschorle – typisch Merkel, die nüchterne ostdeutsche Physikerin der Macht. Stattdessen hielt sie bei einer Stippvisite die SPD-Fraktion bei Laune.
Zum Antritt der Großen Koalition ist die Stimmung in Berlin trotz aller Ressentiments aufgeräumt – unter den Sozialdemokraten nach dem überraschend klaren Mitgliedervotum sowieso, zumindest bis auf Weiteres. Mit gutem Recht gerieren sie sich als Sieger der Koalitionsverhandlungen.
Bundespräsident Joachim Gauck forderte indessen von Merkel und ihrem Kabinett Mut ein, und die Spannung zwischen den beiden ungleichen Ostdeutschen war bei der Angelobung im Schloss Bellevue zum Greifen. Mehr als eine Politik der kleinen Schritte, die die Kanzlerin der Großen Koalition schon beim ersten Mal verordnet hat, wird ihre heutige Regierungserklärung wohl nicht beinhalten.
Die interessanteren Aspekte spielen sich indes ohnehin auf Nebenschauplätzen ab. Wie stark profiliert sich beispielsweise Kanzlerreserve Ursula von der Leyen als erste Verteidigungsministerin? Hinter den Kulissen bahnen sich Avancen aller Art an. Unter der Chiffre „R2G“ bändeln SPD und Grüne mit der Linkspartei an. In Hessen, einst Domäne der Erzkonservativen, gingen CDU und Grüne gar eine Ehe auf Zeit ein. Im Großen fehlte heuer dafür noch die Courage, doch für 2017 werden die Weichen gestellt.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2013)