Saisoneröffnung

Claudia Bauer inszeniert Ingeborg Bachmann am Volkstheater – noch nie war „Malina“ unterhaltsamer

Die Erzählfigur „Ich“ aus „Malina“ wird aufgespalten in mehrere Schauspielerinnen und Schauspieler.
Die Erzählfigur „Ich“ aus „Malina“ wird aufgespalten in mehrere Schauspielerinnen und Schauspieler.Pressestelle Volkstheater
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Im rasanten Stück Malina, einer adaptierten Fassung von Ingeborg Bachmanns gleichnamigem Roman, wird unter der Regie von Claudia Bauer viel gesungen und getanzt. Unter großem Applaus hat das Wiener Volkstheater die Saison 2023/2024 eröffnet.

Nach wie vor ist das „Ungargassenland“ der Ingeborg Bachmann, trotz Verortung durch die Hausnummern 6 und 9, ein rätselhafter Ort. Was dort in einer Wohnung des Hauses Nummer 6, in der die Icherzählerin mit Malina wohnt, vor sich geht, unterliegt geheimnisvollen Gesetzen, die die Autorin, die am 17. Oktober vor 50 Jahren in Rom gestorben ist, für dieses ihr Land aufgestellt hat. Auf Nummer 9 wohnt ihr Liebhaber Ivan. Eine der bekanntesten literarischen Adressen der österreichischen Nachkriegsliteratur in einem der meistinterpretierten Romane des vergangenen Jahrhunderts – „Malina“ von Ingeborg Bachmann, erschienen 1971 – wurde von Claudia Bauer auf die Wiener Volkstheater-Bühne des Jahres 2023 versetzt. Die Bühnenfassung hat Bauer gemeinsam mit Matthias Seier erstellt.

Die Regisseurin, die in der vergangenen Saison mit ihrer vielfach ausgezeichneten Regiearbeit „humanistää“ nach Texten von Ernst Jandl bereits im Volkstheater reüssierte, bringt mit einem genialen Kunstgriff Pep in den Stoff: Die Erzählfigur „Ich“ aus „Malina“ wird aufgespalten in sieben Schauspielerinnen und Schauspieler, die dieses Ich verkörpern. Eine davon (Bettina Lieder), bleibt in der Rolle der Erzählerin, während die anderen sich in einen Chor transformieren und Textpassagen wie abgehackte Telefongespräche oder merkwürdige Interviewauszüge aus dem Roman sprechen oder live Libretti und Songs unter dem Dirigat von Alexander Znamenskiy zum Besten geben. Mit abgespreizten Fingern das Rauchen andeutend, erinnern sie an ikonische Bachmann-Fotos, die die Autorin mit einer Zigarette in der Hand zeigen.

Ungeheure Komik an manchen Stellen

Pagenkopf wie Bachmann. Der erste Akt „Glücklich mit Ivan“ zeigt gleich zu Beginn eine parodistische Liebesszene in einem der drei Würfel, auf deren Außenwänden live projiziert wird, was innen passiert – übergroß gezeigte Gesichter, im Hintergrund psychedelisch anmutende Siebzigerjahre-Tapeten (Bühne: Patricia Talacko).

Mit blonden Pagenkopf­perücken à la Bachmann, roten Lippen und ähnlichen Kostümen ausgestattet – etwa langen, an den Hüften ausgestellten Röcken, kombiniert mit Blazern und Krawatten –, die sich zu Beginn noch förmlich geben und sich im Lauf des Stücks vorsichtig individualisieren, sich am Ende aber auflösen in Bademäntel und Schlapfen, spielt, singt und tanzt sich der Chor mit liebevoll inszenierten Choreografien fulminant durch die sprachgewaltige (und texttreue) Prosa Bachmanns. Was an manchen Stellen eine ungeheure Komik entfaltet. Dass die Bachmann in ihren Texten durchaus witzig sein konnte, ist aufgrund ihrer schwierigen und düsteren Thematiken zu wenig bekannt.

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