Konstantin Filippou: "Ich will nicht glänzen"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Konstantin Filippou hat im Frühling sein gleichnamiges Restaurant eröffnet - und ist mit der Entscheidung glücklich. Ein Gespräch über Reduktion, Wiener Gäste und Blattgold.

Sie haben im Frühling ihr eigenes Restaurant eröffnet. Ist der Wiener ein guter Gast im Fine-Dining-Bereich?

Konstantin Filippou: Ich glaube grundsätzlich, dass die Wiener Gäste tolle Gäste sind. Ihnen ist Authentizität wichtig, sie wollen den Chef und das Konzept spüren. Vielleicht haben sie aber gerade in der besseren Gastronomie keine Lust mehr auf Wischiwaschi-Konzepte. Es muss ein greifbares Konzept sein, bei dem man spürt, was der Chef aussagen und bewirken will.

Anfangs gab es auch skeptische Stimmen, ob so ein Restaurant hier funktioniert.

Das ist eine typische Geschichte in der Wiener Gastronomie. Jeder glaubt zu wissen, was du zu tun hast und wie du es gestalten sollst. Ich gebe allen, die sich selbstständig machen den Tipp, auf sich selbst zu hören oder auf Leute, die es wirklich ernst und freundlich meinen. Am Ende des Tages muss es ein Konzept sein, das dich selbst widerspiegelt und nicht eines, das dir ein Fremder einsagt.

Wie würden Sie Ihr Konzept beschreiben?

So, wie ich selbst Gastronomie sehe. Ich spüre dieses sehr Reduzierte einfach sehr. Ich will nicht glänzen, ich brauch kein Blattgold an den Wänden. Wenn man ins Detail schaut, ist es trotzdem so, dass die Materialien sehr hochwertig sind. Es ist alles vom Tischler gefertigt, von sehr vielen jungen Designern. Es ist von außen nicht so beleuchtet, weil ich eine Wohlfühlatmosphäre möchte und mir gleichzeitig nur wichtig ist, was auf den Teller kommt und was im Glas ist. Ich glaube, dass viele Gäste es schätzen, dass sie leger zu uns kommen können. Ich will kein Lokal sein nur für Hochzeitstag, Geburtstag und so. Bei mir kann gelacht werden, bei mir kann man Spaß haben und mir ist es egal, ob einer in der kurzen Hose kommt oder im Smoking. Für mich sind alle Gäste gleich, ich mag keine Zweiklassengesellschaft.

Wie wird das angenommen? Erwarten nicht viele Blattgold, wenn man teuer essen geht?

Das mag sein, aber das ist nicht mehr zeitgemäß, zumindest für mich nicht. Oft ist das nur Eitelkeit des Gastronomen. Den Gästen ist wichtig, dass gut gegessen wird, gut getrunken wird, es ein nettes Servicepersonal gibt, wissend, wenn man fragt. Aber wenn man nicht gefragt ist, braucht man nicht jemandem seine Meinung aufzwingen.

Wie hoch ist der Anteil an internationalen Gästen?

Bei uns ist das relativ schnell gegangen, dass internationale Gäste da waren. Das haben wir auch der tollen Unterstützung von Wien Tourismus zu verdanken. Gleichzeitig spricht sich das auch ein bisschen herum. Es gibt Tage, an denen der internationale Anteil bei 50 Prozent liegt, viele Engländer, auch Skandinavier, Franzosen.

Sie haben auf Anhieb drei Hauben erkocht. War der Druck vorher oder nachher größer?

Ich weiß es gar nicht. Das Team hat sich sehr gefreut darüber und natürlich motiviert es, wenn unser Weg von den Gästen und den Guides bestätigt wird. Aber wir haben das alles so gemacht, weil wir es so spüren und nicht, weil wir dann vielleicht besser gerankt werden.

Druck gab es keinen?

Druck ja, aber mir gefällt Druck. Durch die Selbstständigkeit habe ich sicher mehr Druck als je zuvor, aber ich fühl mich auch viel freier als vorher. Das gleicht sich schön aus. Wir sind kein Familienbetrieb, aber es fühlt sich so an wie einer.

Wie viele Leute sind es?

Im Moment 14, das ist für ein Start-up nicht klein. Aber wir brauchen jeden Mann, weil das Lokal von Anfang an gut gebucht war. Ich bin sehr dankbar und hab großen Respekt davor, das ist keine Selbstverständlichkeit.

Ihre Küche wird oft mit Skandinavien verglichen. Können Sie das noch hören?

Das war die ersten Wochen so, aber jetzt vergleicht uns keiner mehr damit, weil wir nicht skandinavisch kochen. Ich glaub, das ist die Reduziertheit und weil wir keine Tischdecken haben. Aber früher auf dem Land bei meiner Oma haben wir auch ohne Tischdecken gegessen, so neu ist das nicht. Ich bin auch nicht der, der Regionalität predigt. Ich finde das eher schlimm. Es gibt Dinge, die braucht man nicht predigen, die macht man einfach.

Warum ist das so ein Trend?

Weil das naheliegt und wir Österreicher auf der Suche nach unserer Küche sind. Aber meine Meinung ist: Soll doch jeder das machen, was er gern macht. Ich spüre eine Küche zwischen zwei Welten. Mir gefällt alles, was aus dem Meer kommt und alles, was aus Österreich kommt. Deswegen mixe ich Schnecken mit Algen, Krustentier mit Blunze. Das wird immer dieser Mix sein, weil ich diese multikulturelle Person bin, die diese zwei Welten widerspiegelt. Und alles andere: Ich habe da herinnen gar nicht an Skandinavien gedacht, sondern viel eher an Südfrankreich. Das größte Kompliment ist, wenn Gäste sagen, dass sie sich nicht in Wien fühlen, sondern absolut international. Da bin ich sehr happy. International, aber trotzdem unaufgeregt zu sein, das ist eine Kunst.

Wie schätzen Sie die heimische Gastro-Szene ein und in welche Richtung geht sie?

Ich glaube, dass sich Österreich weiter sehr, sehr, sehr gut entwickeln wird. Wir haben großartige Köche. Für mich ist wichtig, dass es mehr eigenständige Konzepte gibt, dass man sich weniger beeinflussen lässt. Nicht dieses feel good, wir sind auf jeder Hochzeit und haben Flammkuchen, Pasta, Wokgemüse und Schnitzel auf der Karte.

Aber verlangen das nicht die Wiener Gäste?

Nein, das sehe ich nicht so. Ich finde es immer sehr schade, dass wir uns selbst so darstellen. Wir dürfen uns nicht kleiner machen, als wir sind, das können wir ganz gut.

Welche Themen beschäftigen Sie derzeit?

Ich beschäftige mich seit Jahren damit, mehr zu reduzieren, Dinge wegzulassen. Da fühl ich mich sehr wohl, weil es mich ruhig macht. Für mich sind die Sachen, die wir machen, sehr reduziert. Die Kombination ist aufwendig, mit viel Hintergrundarbeit, aber auf den Teller kommt alles sehr reduziert.

Woher nehmen Sie die Ideen?

Ich weiß es nicht, natürlich reise ich viel, aber ich bin nicht der Typ, der in jedem Urlaub permanent nur essen geht. Weil ich auch glaube, je mehr man sieht, umso mehr wird man beeinflusst. Ich bin am kreativsten, wenn es ganz ruhig ist. Nehmen wir an, ich bin um zwölf zu Hause und schreibe gerade die Karte. Zwischen zwölf und zwei in der Nacht ist die Zeit, in der ich kreativ bin, weil rundherum alles schläft.

Wie lange dauert es, bis das auf den Teller kommt?

Sicher noch einen Monat.

Wie ist Ihr Resümee des Jahres 2013?

Ich bin sehr dankbar, dass es so gut läuft. Ich bin schon auch ein bisschen angekommen. Ich bin froh und stolz, so ein Team zu haben. Und wenn meine Frau nicht an meiner Seite wäre, wäre es viel schwieriger. Sie hält mir den Rücken frei. Das ist sehr wichtig, ich brauch diesen Ausklang. Ich bin aber auch ein sehr geerdeter Mensch.

Und Ihr Ausblick auf 2014?

Hoffentlich so weiter tun zu dürfen wie bisher und sich weiterzuentwickeln, Stillstand ist das Schlimmste.

Irgendwelche neuen Pläne?

Es gibt für alles eine Zeit und eine Kraft. Irgendwann kann es auch etwas anderes sein, auch ein Beisl. Ich steh auf die österreichische Hausmannskost.

Und ein zweites Restaurant?

Was sich ergibt, ergibt sich. Ich bin sehr offen. Aber wenn es ein anderes Lokal gibt, dann wird jemand aus der Mannschaft kochen. Ich bin kein so ein eitler Mensch, der überall seinen Namen sehen muss. Ich bin hier zu finden, da steht mein Name drauf.

Steckbrief

Konstantin Alexander Filippou
wurde in Graz geboren. Der Vater ist Grieche, die Mutter Österreicherin.

Seine Stationen: Hotel Unterhof in Filzmoos, Restaurant Obauer in Werfen, Steirereck in Wien, Gordon Ramsay und Le Gavroche in London, Arzak in San Sebastian sowie Weibel 3 und Novelli in Wien.

Der 33-Jährige hat sich im Frühling 2013 selbstständig gemacht und in der Wiener Innenstadt das Restaurant Konstantin Filippou eröffnet. Der zuvor schon mehrfach ausgezeichnete Koch hat für sein Restaurant auf Anhieb drei Hauben bei „Gault Millau“ und einen Stern beim „Guide Michelin“ bekommen.

Restaurant
Konstantin Filippou
Dominikanerbastei 17, 1010 Wien,
✆ 01/512 22 29

Roßboth

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2013)

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