Kartellrecht: Kommt Licht in die Grauzone?

Geheime Absprachen
Geheime AbsprachenClemens Fabry
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Worüber Marktteilnehmer miteinander reden dürfen und wo verbotene Absprache beginnt, ist oft schwer abzugrenzen. Der Streit zwischen Spar und BWB könnte dies ändern.

Wien. Seit Kurzem ist es fix: Der Streit zwischen Spar und der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) wegen des Vorwurfs von Preisabsprachen kommt nun vors Kartellgericht. Und wird dort wohl auch wirklich ausgefochten werden, ohne Abkürzung durch ein sogenanntes Settlement.

Das ist der wesentliche Unterschied zu den meisten Kartellverfahren der vergangenen Jahre, auch zu jenem, das Mitbewerber Rewe betraf: Bisher erkannten fast alle Unternehmen, die ins Visier der Wettbewerbshüter kamen, die Vorwürfe schon im Vorfeld an. Zwar landen solche Fälle trotzdem beim Gericht, dieses folgt dann aber in der Praxis meist dem Antrag der Behörde, wobei das Settlement bei der Bußgeldfestsetzung als mildernd angerechnet wird.

Dem Unternehmen bringt das Schadensbegrenzung: Das Prozessrisiko wird kalkulierbar, das Problem ist rascher vom Tisch, das entsprechend knapp gefasste Urteil lässt nicht viele Details an die Öffentlichkeit kommen. Es bedeutet aber auch, dass sich das Unternehmen dem Rechtsstandpunkt der Behörde unterwerfen und ein Fehlverhalten zugeben muss. Genau das will Spar nicht: Beim Lebensmittelriesen sieht man sich nach wie vor im Recht. Und möchte das Gericht entscheiden lassen, was im Umgang mit Lieferanten nun wirklich erlaubt und was verboten ist.

Schwierige Grenzziehung

Worum geht es konkret? Laut BWB sollen Endverkaufspreise für verschiedene Artikel, wie Molkereiprodukte oder Bier, „zwischen Unternehmen der Spar-Gruppe und Lieferanten durch Vereinbarungen und/oder abgestimmte Verhaltensweisen direkt und indirekt festgesetzt“ worden sein (vertikale Preisabsprache, „Preisbindung der zweiten Hand“). Zusätzlich habe es auch indirekte horizontale Abstimmungen gegeben – also zwischen den Händlern über die Lieferanten.

Was an den Vorwürfen dran ist, muss nun das Gericht beurteilen. Und ein Fall, der im Detail ausjudiziert wird, könnte vielleicht auch wirklich Licht in rechtliche Grauzonen bringen. Denn beim Thema Preisabsprachen ist die Abgrenzung zwischen erlaubt und verboten nicht immer klar. Das beginnt schon bei scheinbar simplen horizontalen Abstimmungen. Also wenn Marktteilnehmern auf derselben Stufe der Vertriebskette – etwa mehreren Einzelhändlern – vorgeworfen wird, dass sie ihre Verkaufspreise miteinander koordinieren, sei es durch direkte Absprachen oder abgestimmtes Verhalten.

Dass das wettbewerbswidrig ist und tendenziell den Verbrauchern schadet, liegt auf der Hand. Trotzdem kann selbst hier die Grenzziehung schwierig sein – nämlich zwischen erlaubter Anpassung an Marktentwicklungen und verbotener Verhaltensabstimmung mit Mitbewerbern.

Lieferant als Info-Drehscheibe

Eine typische vertikale Preisbindung wäre es wiederum, wenn ein Lieferant einem Händler vorschreibt, um welchen Preis dieser sein Produkt weiterverkaufen darf. Erlaubt sind nur Preisempfehlungen, die rechtlich und faktisch unverbindlich sind.

Allein darum geht es aber selten, wenn großen Handelsketten und ihren Lieferanten solche Absprachen vorgeworfen werden. Eher steht dann im Raum, dass der Handelsriese sich durch Preisvereinbarungen eine bestimmte Gewinnspanne sichern möchte. Und vor allem, dass er im Umweg über den Lieferanten die Preisgestaltung seiner Konkurrenten beeinflussen will. Oder sogar, dass der Lieferant die Rolle einer „Informationsdrehscheibe“ übernimmt, über die sich mehrere Händler indirekt miteinander abstimmen („Sternkartell“). Offene Abgrenzungsfragen gibt es auch hier, von der Definition, wann eine Preisempfehlung wirklich „unverbindlich“ ist, bis zum heiklen Thema Aktionspreise (siehe Artikel unten).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2014)

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