Klitschko: "Ich schließe einen Bürgerkrieg nicht mehr aus"

UKRAINE EU PROTEST
UKRAINE EU PROTEST (c) APA/EPA (SERGEY DOLZHENKO)
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Bei Protesten gegen den ukrainischen Präsidenten Janukowitsch wurden rund 200 Menschen verletzt, auch Oppositionsführer Klitschko wurde attackiert. Die Justiz stuft die Straßenschlachten als "Landesverrat" ein

Der zweimonatige Dauerprotest in der Ukraine gegen den Russland-freundlichen Präsidenten Viktor Janukowitsch radikalisiert sich. Dutzende gewaltbereite Oppositionelle hielten am Montag weiter die Stellung am Dynamo-Stadion im Zentrum von Kiew. Janukowitsch kündigte nach einem Treffen mit Oppositionsführer Vitali Klitschko die Gründung einer Krisen-Kommission an. Die Kommissoin bestehend aus Regierungsmitgliedern und Vertretern der Opposition soll am Montag zusammentreten.

Bei Zusammenstößen zwischen Regierungsgegnern und Sicherheitskräften wurden am Sonntag mindestens 200 Menschen verletzt. Hunderte mit Holzknüppeln ausgerüstete und mit Masken vermummte Oppositionelle hatten versucht, Absperrungen im Regierungsviertel zu durchbrechen, um das Parlamentsgebäude zu stürmen. Einige warfen Steine und zündeten Feuerwerkskörper. Die Polizisten setzten Tränengrasgranaten und Wasserwerfer ein.

Die Staatsanwaltschaft stufte die blutigen Straßenschlachten in Kiew derweil als Landesverrat eingestuft und vor einer Bedrohung der nationalen Sicherheit gewarnt: "Das ist nicht bloß Rowdytum. Das ist Landesverrat", sagte Generalstaatsanwalt Viktor Pschonka am Montag. Er forderte die prowestliche Opposition um Ex- Boxweltmeister Vitali Klitschko auf, ihre Anhänger zum Abzug aus dem Stadtzentrum aufzurufen.

Feuerlöscher-Attacke auf Klitschko

Nach der Eskalation mussten über 70 Polizisten medizinisch behandelt werden, 40 wurden in Krankenhäuser gebracht, teilte das Innenministerium mit. Auch Ex-Boxweltmeister und Oppositionspolitiker Klitschko wurde verletzt. Er wurde mit einem Feuerlöscher attackiert, als er versuchte, die wütende Menge zu beruhigen.

Gegenüber "Hromadske.tv" warnte Klitschko trotz neuer Krisen-Kommission vor einem Bürgerkrieg. "Ich schließe einen Bürgerkrieg nicht mehr aus. Doch wir werden jede Möglichkeit nutzen, um Blutvergießen zu vermeiden", sagte er.

US-Regierung ruft zum Ende der Gewalt auf

Die USA riefen umgehend zum sofortigen Ende der Gewalt auf. "Wir sind zutiefst besorgt über die Gewalt heute auf den Straßen von Kiew und rufen alle Seiten auf, umgehend die Situation zu entschärfen", erklärte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats, Caitlin Hayden am Sonntag. Die zunehmenden Spannungen seien eine direkte Konsequenz daraus, "dass die Regierung die legitimen Klagen ihres Volkes nicht wahrnimmt", erklärte sie. Damit hätte diese die "Grundlagen der Demokratie" geschwächt, indem sie friedliche Proteste kriminalisiere und der Zivilgesellschaft und politischen Gegnern wichtige Rechte aberkenne. Die kürzlich verabschiedeten "anti-demokratischen Gesetze" müssten daher umgehend zurückgenommen werden, die Polizei aus dem Zentrum Kiews abgezogen und ein Dialog mit der Opposition aufgenommen werden.

Zugleich forderte Hayden die Opposition auf, wieder zu friedlichen Protesten zurückzukehren. Rund 200.000 Menschen waren gegen Mittag trotz eines Demonstrationsverbots bei Minusgraden gegen die Regierung auf die Straßen gegangen.

Höhere Strafen für vermummte Demonstranten

Präsident Viktor Janukowitsch hatte am Freitag ein Gesetzespaket unterzeichnet, welches das Demonstrationsrecht beschneidet. Es sieht unter anderem Geld- oder Haftstrafen für das Tragen von Masken oder Helmen, das ungenehmigte Aufbauen von Bühnen oder Zelten sowie die Blockade öffentlicher Gebäude vor. Außerdem hatte ein Gericht am Mittwoch ohne Angaben von Gründen entschieden, dass im Zentrum von Kiew bis zum 8. März nicht mehr demonstriert werden dürfe. Die Proteste der proeuropäischen Demonstration dauern bereits seit Ende November an.

"Die USA werden weiterhin zusätzliche Schritte - darunter Sanktionen - als Antwort auf die Anwendung von Gewalt erwägen", erklärte die US-Sprecherin abschließend.

(APA/AFP/dpa)

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