Thailand: Das Schweigen des Königs

Thailand, Parlamentswahl, König
Thailand, Parlamentswahl, König(c) REUTERS (DYLAN MARTINEZ)
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Die Parlamentswahl hat das Land noch weiter gespalten. Die Monarchie äußert sich jedoch nicht zum Machtkampf. Dabei geht es indirekt auch um ihre Zukunft.

Am Tag nach der chaotischen Parlamentswahl herrscht in Thailand Katerstimmung. Auf den Straßen Bangkoks sind noch Spuren der Unruhen vom Wochenende sichtbar, als Regierungsgegner teils mit Gewalt versucht hatten, den Urnengang zu verhindern. Mit Erfolg, übrigens: In der Hauptstadt gingen nur 26 Prozent wählen. Im ganzen Land hatte nur gut die Hälfte ihre Stimme abgegeben, so wenige wie nie zuvor.

Wie es jetzt mit der immer zerbrechlicheren südostasiatischen Demokratie weitergehen soll, weiß niemand: Tausende Demonstranten versammelten sich auch gestern in der Hauptstadt, sie forderten eine Annullierung des Urnengangs. Premierministerin Yingluck Shinawatra will hingegen die Abstimmung in jenen Bezirken, in denen die Opposition die Wahl verhindert hatte, schnell nachholen (das Parlament kann nur zusammentreten, wenn 95 Prozent der Sitze vergeben worden sind). Die Wahlkommission ließ wissen, dass dies „Wochen“ dauern könnte.

Haft für „Majestätsbeleidigung“

Diese Wahl dürfte die bereits tiefen Gräben in der Gesellschaft noch weiter aufgerissen haben. Doch die mächtigste Integrationsfigur des Landes schweigt. Wie schon in den letzten Monaten ist von König Bhumibol Adulyadej kein Wort zu den dramatischen Ereignissen zu hören. Nur ein einziges Mal hat sich bisher der greise Monarch zum Machtkampf geäußert – am 5. Dezember, zu seinem 86. Geburtstag. „Frieden und Stabilität des Landes werden dadurch gesichert, dass alle Thais die Einheit anstreben und ihr Land lieben“, rief er unmissverständlich zur Versöhnung auf. Zu Ehren des Königs ließen die Oppositionellen einen Tag lang ihren Protest ruhen.

Das allein sagt viel über die Rolle des Regenten aus. Thailand ist zwar seit 1932 offiziell eine konstitutionelle Monarchie – die Royals üben aber eine weitaus größere Macht aus, meinen einige Beobachter. Nicht nur soll der einflussreiche Königsrat auch Armee und Politiker beraten. Sondern die Königsfamilie ist auch fester Bestandteil des Lebens der Thailänder: Die königliche Hymne ist vor Sportevents oder Kinofilmen zu hören, täglich um 20Uhr fasst das nationale TV die „wichtigsten Ereignisse“ des royalen Alltags zusammen.

Die „Verehrung“ des Monarchen ist in der Verfassung festgeschrieben. Und: Der König ist de facto unantastbar. Für „Majestätsbeleidigung“ drohen bis zu 15 Jahre Haft. Erst vor einem Jahr wurde der Chefredakteur eines Magazins, der das Gesetz als undemokratisch kritisiert hatte, zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.

Bhumibol ist aber auch beliebt. Dank seiner Autorität und seines Charismas hat er selbst viel zu seinem „Übervater“-Image beigetragen. Das derzeit am Längsten regierende Staatsoberhaupt der Welt (seit 1946) galt den Thais als Referenz, wenn es um die Lösung politischer Konflikte ging. In einigen Fällen sprach er sich offen für Pro-Demokratie-Demonstranten aus, in anderen Fällen unterstützte er die Armeeführung. Den Putsch gegen den populistischen Unternehmer-Premier Thaksin Shinawatra (Bruder der Regierungschefin) soll er befürwortet haben.

Einige Beobachter erklären das auffällige Schweigen des Königs mit seiner stark angeschlagenen Gesundheit. Andere hingegen damit, dass er indirekt Teil des Problems ist. So gehe es im Kampf zwischen Regierung und Opposition auch um die künftige Rolle der Monarchie. Denn im Gegensatz zu seinem Vater ist Kronprinz Maha Vajiralongkorn alles andere als beliebt – auch wenn das in Thailand niemand offen sagt. Peinliche Geschichten über Prinz Maha, seine Eheprobleme, Affären und seinen verwöhnten Pudel Foufou sorgten nicht nur im Ausland für Skandale. Selbstverständlich kursierten diese verbotenen Tratschgeschichten auch in Thailand.

Vermögen von 30 Mrd. Dollar

Doch es geht nicht nur um Persönlichkeiten – sondern vor allem um wirtschaftliche Macht. Das Magazin „Forbes“ schätzte 2011 das Vermögen der Königsfamilie auf 30 Mrd. Dollar. Diese Reichtümer werden von einer unabhängigen Behörde verwaltet. Unter anderem hat sie in die größten Unternehmen des Landes investiert.

Die Opposition wird großteils von Monarchisten und der Bangkoker Elite angeführt, die jahrzehntelang von diesem System profitiert haben. In den Thaksin-Anhängern sehen sie gefährliche Konkurrenten. Tatsächlich hat der schlaue Businessman Thaksin, der offenbar aus dem Exil weiterhin die Fäden zieht, für seine Entourage ein ähnliches ökonomisches Machtsystem aufgebaut.

Thaksin wird übrigens auch Majestätsbeleidigung vorgeworfen. Was er entschieden zurückweist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2014)

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